Bei „Schwanensee“ denkt man an aufgereihte Schwäne im weißen Tutu und im Gleichschritt. An eine unheilvolle Liebesgeschichte um einen Prinzen, eine verzauberte Prinzessin und einen intrigierenden Magier und seinen schwarzen Schwan. Auf den märchenhaften Charakter besinnt sich nun Birgit Scherzer in ihrer Regie und Choreografie einer eigens erstellten Version von „Das Märchen vom Schwanensee“ als vorweihnachtliches Schauspiel mit Tanz im Theater für Kinder.
Und wie das Ensemble sich schon in den ersten Minuten den Raum erobert ist wirklich fulminant. Prinz Siegfried soll auf Wunsch seiner Mutter heiraten und bekommt Fotos von Lady Gaga bis Bibi Blocksberg präsentiert. Doch der Schlacks mit Hippietuch um den Kopf kickt lieber Bälle mit seinem Kumpel Benno (Maximilian Popp). Eine Jungenfreundschaft durch dick und dünn, die den Stoff seiner romantischen Mädchenhaftigkeit entledigt. Die Bühnenbildnerin mit Namen ÄNN hat dazu einen Wald aus mit Graffiti besprühten mobilen Modulen geschaffen, der sich immer wieder neu formiert.
Die Fassung bietet auch den Nebenrollen Raum zu glänzen, so Eva Langer als Pflegetochter von Siegfrieds Mutter Berthe, Pi-Lu, die sich erst aufmüpfig gibt, dann aber ganz kleinmädchenhaft in den frechen Benno verguckt. Herrlich fies das Duo aus Zauberer Rotbart im Ganzkörperfantasiekostüm, außerdem Odile, seine Tochter, die sich eine königliche Hochzeit in Gestalt der anmutigen Odette, Prinzessin von Burgund (Maren Meyer), ergaunern will.
Wunderbar wird das munter erzählte Geschehen getragen von der Musik Peter Tschaikowskys, hier als intime Kammermusik, aber deshalb nicht weniger kraftvoll interpretiert von dem Pianisten und musikalischen Leiter Tjaard Kirsch, der Cellistin Erika Sehlbach und der Flötistin Christiane Stein. Auf ein anmutiges, synchrones Schwanenballett im zum See dekorierten Bühnenvordergrund muss hier niemand verzichten. Und auf ein Happy End, bei dem Rotbart von tapferen Schwänen, wie der klugen, bebrillten Kalliste, Uta Krüger, geschlagen wird, und eine Doppelhochzeit ins Haus steht, auch nicht. Äußerst sehenswert. Nicht nur für angehende Ballettelevinnen.
Das Märchen vom Schwanensee Sa 22.11., So 23.11., jeweils 15 Uhr, Theater für Kinder, Max-Brauer-Allee 76, Karten zu 16 Euro unter T. 38 25 38
(asti)