Gloucestershire, im Südwesten Englands gelegen, ist für ein junges Mädchen, das Pop-Flausen im Kopf hat, nicht gerade der ideale Fleck. London ist und bleibt der Sehnsuchtsort für all die englischen Provinzler, die von einer Karriere träumen. Auch Tahliah Barnett machte sich als 17-Jährige in die Millionen-Metropole auf. Im Studio des heimischen Jugendzentrums hatte sie zwar schon ein paar Songs komponiert und aufgenommen, aber Talentscouts verirren sich nicht in diesen Teil des Vereinigten Königreiches. In London angekommen, versuchte die Tochter eines Jamaikaners und einer Spanierin mit englischen Wurzeln sich zuerst mal im Ballett-Fach. Das brachte ihr den Spitznamen ein, den sie jetzt als Künstlernamen benutzt. Beim Aufwärmen für die Tanzstunden knackten ihre Gelenke wie dünne Zweige („twigs“),und deshalb nennt sich die inzwischen 26 Jahre alte Künstlerin FKA Twigs.

FKA Twigs Mo 20.10., 21.00, Mojo Club, Reeperbahn 1, Karten zu 24,40 im Vorverkauf

Mehr Spaß als das harte Training im Spiegelsaal machte dem jungen Mädchen die Kreation von Musik. Songs schreiben, in Studios rumtüfteln und sich Image-Konzepte für ihre Karriere auszudenken. Sie tanzte jedoch weiterhin, um sich damit ihren Lebensunterhalt zu sichern. Immerhin stand sie mit populären Kollegen wie Kylie Minogue, Plan B und Taio Cruz auf der Bühne. Das schlanke Mädchen mit dem dunklen Teint und der Zahnlücke fiel auf, und schon im Sommer 2012 war sie auf dem Titel des Modemagazins „i-D“ zu sehen, vier Monate vor dem Erscheinen ihrer ersten Platte mit dem Titel „EP 1“. „EP 2“ folgte neuen Monate später,, und in diesem August erschien dann endlich „LP 1“, das Debütalbum der jungen R&B-Sängerin.

Aber ist es wirklich Rhythm & Blues, den Tahliah singt? Ihre Songs haben eine Einzigartigkeit, die selten genug im Pop der Gegenwart geworden ist, ihre Ideen speisen sich aus einer Vielzahl von Einflüssen. Die Ruhe und die Dunkelheit des TripHop findet sich in ihren Kompositionen, auch James Blake mit seinen zerbrechlichen Stücken kommt dem Zuhörer in den Sinn, aber auch Kate Bush wegen ihrer hellen Stimmlage und Björk wegen ihrer Art zu wispern. Die Lieder von FKA Twigs haben im Klang etwas Futuristisches. Aber nur dort: Die Texte beschäftigen sich mit dem Thema, das Popmusik beherrscht, seit der Rock ’n’ Roll aufkam. Es geht vor allem um Liebe und Sex. Obwohl sie in einem Interview sagte, dass sie noch nicht sehr viele Beziehungen gehabt habe, tönt sie etwa in dem Song „Two Weeks“: „I can fuck you better than her“.

Auch mit ihren Videos und ihren Outfits will FKA Twigs Aufsehen erregen. Das hat sie von Madonna und anderen Kolleginnen gelernt. Besonders verehrt sie jedoch eine Künstlerin, die ihre große Zeit in den 20er-Jahrer des vergangenen Jahrhunderts hatte: Josephine Baker, die schwarze Venus, die Europas Männer zum Durchdrehen brachte. Man darf gespannt auf das Hamburg-Debüt der Engländerin sein. Der Mojo Club mit seiner großen Bühne wird ein guter Ort für FKA Twigs sein. Platz ist dort jedenfalls genug, um ein paar tolle Tanz-Moves zu zeigen.