Bis zum Sonntag noch in Wien bei seinem neuen Abend „Schön schön schön“ über Vergänglichkeit und Fitness-Wahn, zuvor im Februar Berlin, im Herbst dann München – Franz Wittenbrink ist ein viel gereister und gefragter Mann. Der 66-Jährige, der als musikalischer Leiter am Deutschen Schauspielhaus Mitte der 90er mit Publikumsrennern wie „Sekretärinnen“ oder „Männer“ das Genre szenischer Liederabend begründet hatte und mit der „Nacht-Tankstelle“ eine moderne Weihnachtsgeschichte à la St. Pauli schuf, arbeitet derzeit mal wieder in seiner Heimat Hamburg.

In der Komödie Winterhude arrangiert der Meister nicht nur, er inszeniert auch das „Café Schöne Aussicht“: Das Musiktheaterstück ist die erste gemeinsame Textarbeit mit seiner Partnerin, der aus zahlreichen Liederabenden bekannten Schauspielerin Anne X. Weber. Vor zwei Jahren hatten die Berlin Comedian Harmonists, eine Gruppe von sechs Sängern, bei Wittenbrink angefragt, ob er für sie ein neues, zeitgemäßes Stück schreiben könne. Allein ihr Erstlingswerk „Veronika der Lenz ist da“ über die Entstehung der berühmten Comedian Harmonists in den 20er-Jahren hatte das Sextett seit 1997 mehr als 2000-mal aufgeführt. Auch die beiden Nachfolgestücke liefen in Winterhude.

„Wo gibt’s noch Fräcke?, fragte sich Wittenbrink vor der Transformation ins Hier und Heute – und kam auf ein altmodisches Kaffeehaus. Aufgrund der Herkunft der Combo und der Uraufführungsstätte, der Komödie am Kurfürstendamm, steht es natürlich in Berlin. Drei der Sänger spielen die Brüder Kasupke, deren marodes Café durch einen Coffeeshop verdrängt werden soll.

„Im Zentrum steht schon das Musikstück“, erläutert Wittenbrink. Die ausgereifte Vokaltechnik von einst mit Hits von heute zu verschmelzen habe ihn gereizt – nicht bloß, weil aus Gloria Gaynors „I Will Survive“ nun „Ich will ein Eis“ wird. Die deutschen Texte stammen fast alle von Anne Weber. Er macht das Grobe, sie die Feinheiten, so sieht die Arbeitsteilung des Paares aus.

Nur Peter Fox’ Berlin-Hymne „Schwarz zu Blau“ haben sie unverändert gelassen. „Das Stück ist eine Berlin-Satire“, sagt er. „Es ist auch eine Liebeserklärung an Berlin“, sagt sie. Mithin also beides. Warum das auch in Hamburg interessiert? „Ich glaube schon, dass die Hamburger ganz gern über die Berliner lachen“, sagt Franz Wittenbrink. Und lacht selbst. Nicht hämisch, sondern wohl wissend.

„Cafe Schöne Aussicht“ Premiere Fr 19.9., 19.30 Uhr, bis 9.11. täglich außer Mo,, Komödie Winterhuder Fährhaus, Hudtwalckerstraße 13, Karten zu 15,43 bis 42,63 Euro in allen HA-Ticket-Shops und unter der HA-Ticket-Hotline T. 30 30 98 98