Mit den lieben Verwandten ist es ja oft eher Last als Lust. Man hat sie und wird sie so schnell auch nicht los. Erst recht nicht, wenn Opa seinen 80. Geburtstag in einem alten Landgasthof feiert und die Kinder, Schwiegertöchter und spätpubertierenden Enkel sich alles andere als grün sind. Das ist der Rahmen, den Lutz Hübner und Franz Wittenbrink ihrer „Familienbande“ gesetzt haben. Und wenn mit dem gefragten Gegenwartsdramatiker Hübner („Frau Müller muss weg“, „Die Firma dankt“) und Wittenbrink, dem König der Liederabende („Sekretärinnen“, „Eltern“, „Nachttankstelle“), zwei Könner zusammenwirken, nimmt der musikalische Abend unter Verwandten mit kurzen Dialogen einen herrlich-überdrehten Verlauf.

Deshalb lassen die Kammerspiele nach der erfolgreichen Vorjahrespremiere von Donnerstag an noch mal die neunköpfige Sippe antanzen. Für Familien, aber auch für Freunde und Bekannte Gelegenheit zu einem Wiedersehen und -hören mit Tim Grobe.

Das frühere musikalische Bad Boy des Schauspielhauses hat nach gefeierten Einsätzen an der Hartungstraße („Sylt – Ein Irrtum Gottes“) seinen beruflichen Mittelpunkt vorerst nach Baden verlegt, er spielt auch in der kommenden Spielzeit am Staatstheater Karlsruhe. In der „Familienbande“ aber zeigt der Publikumsliebling als Großvater und geldgeiler Sohn Albert (mit Aloe Blaccs Hit „I Need A Dollar“), welch Sängertier in ihm steckt.

Ebenso in einer Doppelrolle zu erleben ist Caroline Kiesewetter als Oma und yogasüchtige Tochter Johanna; daneben Katharina Abt als deren ins Leopardenkleid gezwängte Schwägerin Sabine. Ex-Popsternchen Jasmin Wagner, im Stück ein gekonnt verspieltes (Mauer-)Blümchen, steigt erst am 17. August wieder mit ins familiäre Treiben ein: Die Hamburger Schauspielerin und Sängerin spielt noch bis Mitte August bei den Kreuzgangfestspielen in Feuchtwangen die Hauptrolle der Sally Bowles im Musical-Dauerbrenner „Cabaret“. Bis dahin vertritt sie die „Cats“-erfahrene Lillemor Spitzer. Und Julian Sengelmann, ehedem Frontmann der Band Feinkost, darf als Junge mit der Gitarre – angelehnt an Tim Bendzko – „Nur noch kurz die Welt retten“. Alles für ein leicht schiefes Sittenbild über durchschnittliche Bundesbürger.

Franz-Joseph Dieken hat es verstanden, dieses nicht völlig aus dem Rahmen fallen zu lassen. Der Regisseur, am vergangenen Sonntag erst für die Premiere von „Backbeat – Die Beatles in Hamburg“ am Altonaer Theater gefeiert, hatte bereits zuvor mit „Märchenmond“ und „High Fidelity“ ein feines Händchen für die Inszenierung von Musicals gezeigt.

Familienbande Do 31.7., auch Fr 1./Sa 2.8., 8.8–31.8., Freitag bis Sonntag (auch Do 28.8.) jeweils 20 Uhr (So 19 Uhr), Kammerspiele, Hartungstraße 9–11, Karten zu 21 bis 50 Euro unter T. 413 34 40 oder www.hamburger-kammerspiele.de