TV-Serien können süchtig machen. Folglich hat ein Kinofilm zur Serie stets den unangenehmen Beigeschmack, dass da jemand aus Süchtigen skrupellos Kapital schlägt. „22 Jump Street“, die Fortsetzung eines zwei Jahre alten Kinofilms zum TV-Serien-Oldie „21 Jump Street“, wäre demnach ein ganz besonders dreister Fall von Abzocke. Allen Vorurteilen zum Trotz muss jedoch festgestellt werden: „22 Jump Street“ ist ein Meisterwerk.

Das kam so: Die Regisseure Phil Lord und Christopher Miller sind beide Jahrgang 1975, waren also zur Zeit der Erstausstrahlung von „21 Jump Street“ im besten Teenager-Alter. Etwa 20 Jahre später landeten sie mit dem Animationsfilm „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ einen großen Hit. Nicht irgendeinen. Lord und Miller adaptierten ein Kinderbuch von 1978 und erweiterten es zu einer filmischen Coverversion von „Roger & Me“, dem ersten Dokumentarfilm von Michael Moore. Heraus kam linksliberale Familien-Unterhaltung für ein Massenpublikum, ein geradezu subversives Konzept, dem Lord und Miller auch mit dem noch erfolgreicheren „The Lego Movie“ treu geblieben sind.

Zwischendurch hatten die beiden mit „21 Jump Street“ bewiesen, dass ihnen auch der Realfilm liegt. Wie damals in der TV-Serie wurden junge Nachwuchs-Cops undercover in Schulen eingeschleust, um dem dortigen Drogenhandel auf die Schliche zu kommen. An die Stelle von Johnny Depp, dem unangefochtenen Star der alten Serie, wurden allerdings zwei Buddys gesetzt, Channing Tatum („G.I. Joe“, „Magic Mike“) und Jonah Hill („Superbad“, „Wolf of Wall Street“). Der Film „21 Jump Street“ geriet so zum amüsant albernen Cop-Film, der aber, wie sich nun herausstellt, seine Berechtigung vor allem aus seiner Rolle als Vorläufer zu „22 Jump Street“ zieht.

Denn diese Fortsetzung ist nicht nur ein weiterer Film über zwei noch immer recht junge Cops, die sich als Studenten ausgeben, um Drogenhändler auf einem College zu überführen. Es ist auch eine komplexe Studie über die wechselvolle Beziehung zweier ungleicher Freunde und eine Tragikkomödie über das Suchen nach Identität. Der Clou ist, dass die Rollenverteilung sich im Vergleich zum ersten Teil umgedreht hat. Einst avancierte Officer Schmidt (Jonah Hill) auf der High School zu jedermanns Liebling und entfremdete sich zusehends von seinem Partner Officer Jenko (Channing Tatum). Nun entdecken Jenko und ein angehender Football-Star auf den ersten Blick eine innige Seelenverwandtschaft. Der eifersüchtige Schmidt leidet Qualen, wie sie kein Oscar-verdächtiges Drama anrührender erzählen könnte.

„Macht alles so wie beim letzten Mal, dann sind alle glücklich“ schnauzt Captain Dickson (Ice Cube) sein Team gleich zu Beginn an. Jenko und Schmidt versuchen sich tatsächlich in Routine und bemerken doch, dass sie nur eine Chance haben, wenn sie im entscheidenden Moment mehr sind, als die Sklaven ihres von den Konventionen eines Sequels vorherbestimmten Daseins.

P.S.: Keine Angst, es gibt auch jede Menge Action, schicke Autos, Spring-Break-Szenen, Explosionen und natürlich das F-Wort in allen Lebenslagen.

22 Jump Street USA 2014, 112 Minuten, ab 12 Jahren, Regie: Phil Lord, Christopher Miller, Darsteller: Jonah Hill, Channing Tatum, Peter Stormare, täglich im Cinemaxx Dammtor (auch OF)/Harburg/Wandsbek, Savoy (OF), UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek