Sein erstes Jahr als Intendant des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) trat Christian Kuhnt mit dem Vorsatz an, den bislang seiner Meinung nach am Konzerthimmel nicht ausreichend differenziert aufscheinenden Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy künftig stärker als Fixstern am Firmament der guten Musik zu verankern. Das mag mit einem vielgestaltigen Programm in Scheunen, Schlössern und Kirchen des Nordens vielleicht gelingen, auch über den Festivalsommer hinaus. Das Gastspiel in Hamburg jedoch, mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und der Geigerin Julia Fischer, bringt nicht das Ungewöhnliche von Mendelssohn, sondern zwei seiner größten Hits: Die Hebriden-Ouvertüre und sein Violinkonzert.

Nun wird man sich nicht beklagen wollen über eines der bekannt schönsten Werke der Literatur für Violine und Orchester, schon gar nicht, wenn die Münchner Top-Geigerin Julia Fischer es spielt. Sie begab sich schon als Neunjährige in die Geigen-Schmiede der Meisterinnenmacherin Ana Chumachenco in München, deren Nachfolge an der Münchner Musikhochschule sie vor drei Jahren antrat. Fischer spielt leuchtend, musikalisch sinnvoll und klar Geige und dazu noch vorzüglich Klavier. Im Gespräch zeigt sie Schlagfertigkeit, Humor und gesundes Selbstbewusstsein. Und schon bei ihrem Debüt in Hamburg vor bald 14 Jahren, da war sie 17 und ging noch zur Schule, gab sie sich der Musik mit einer Haltung hin, die einen vermeintlich ganz unjugendlichen Ernst ausstrahlte.

Doch wer darin nur die Disziplin einer angehenden Virtuosin sah, brachte sich um den Geist ihres Spiels. Das Ergebnis von Julia Fischers schon früh unbestechlicher handwerklicher Akurratesse war nie interpretatorische Festigkeit oder gar Langeweile. Deshalb dürfte sie auf ihrer Guadagnini von 1742 auch dem Mendelssohn-Konzert Facetten ablauschen, die die Zuhörer eins werden lassen mit der Musik.

Gut möglich, dass sie danach noch eines der violinistischen Zauberkunststücke des spanischen Reisegeigers Pablo Sarasate spielt, dessen latent als Virtuosenfutter unterschätztem Oeuvre sie ihre letzte CD-Aufnahme widmete. Sympathische Ehrenrettung für einen, den man heute hauptsächlich als Zugabenlieferanten auf dem Zettel hat.

Bislang eher darauf abonniert, Violinkonzerte zu spielen, erprobt sich Julia Fischer zunehmend auch in der großen Kunst der kleinen Form, der Kammermusik – unter anderem in einem Streichquartett, das ihren Namen trägt.

Dass die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen wie zuletzt Beethovens Sinfonien unter Paavo Järvi auch die Musik Mendelssohns mit allem Respekt vor dem Notentext etwas gegen den Strich bürsten wird, ist ebenso anzunehmen wie eine packende Interpretation von Brahms’ 1. Sinfonie, die nach der Pause erklingen wird. Bei Gott kein umstürzlerisches Programm, aber manchmal liegen die Entdeckungen ja in der taufrischen Wiedergabe des längst bekannt Geglaubten.

Julia Fischer/Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Fr 25.7., 20 Uhr, Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz, Tickets zu 12 bis 62 Euro unter T. 0431/23 70 70