Kurz vor den Wochenenden im Sommer interessiert sich Michael Batz besonders für die Wettervoraussagen. Denn bei Sturm, Dauerregen und Gewitter würde der „Hamburger Jedermann“ schlichtweg ins Wasser fallen. Das Theaterspektakel, das an diesem Freitag wieder aufgenommen wird, läuft den ganzen Sommer hindurch unter freiem Himmel direkt in der historischen Speicherstadt am Brooksfleet. „So ein Stück muss in Hamburg am Hafen spielen“, hat sich Michael Batz schon vor mehr als zwei Jahrzehnten gedacht. 1994 hatte seine Bearbeitung des Stückes von Hugo von Hoffmannsthal zum ersten Mal Premiere. Viele der Zuschauer reisen extra nach Hamburg, um in dieser außergewöhnlichen Kulisse die Geschichte des reichen Kaufmanns zu erleben, der seine Seele an den Teufel verkauft.

„Dies ist kein Museumsstück wie die Vorlage von Hoffmannsthal, sondern eine Hamburger Erzählung, die Jahr für Jahr fortgeschrieben wird“, sagt Batz. Jedes Jahr ändert er den Text und fügt Anspielungen auf aktuelle politische und kulturelle Ereignisse aus den vergangenen zwölf Monaten ein. Der „Hamburger Jedermann“ ist ein Spiegel der hanseatischen Gesellschaft mit all seinen Facetten. In den vergangenen Jahren haben den Theatermann und Lichtdesigner Batz immer wieder lokale Themen wie Gentrifizierung, Stadtplanung und architektonische Großmannssucht interessiert, im vergangenen Jahr ging es unter anderem um das neue Kraftwerk in Moorburg, die „Dreckschleuder“. Aber auch nationale und internationale Themen tauchen in dem immer wieder überarbeiteten Text auf. Putin, Snowdon, NSA wären mögliche Anknüpfungspunkte.

Für sein Mysterienspiel hat Batz ein Ensemble zusammengestellt, das sich im Laufe der Jahre erneuert und verjüngt hat, ein paar der wichtigsten Rollen werden jedoch von Schauspielern gegeben, die seit 1994 dabei sind. Erik Scheffler spielt seit 21 Jahren den Teufel in diesem allegorischen Spiel über Kapitalismus und Tod, über krumme Geschäfte und den Kampf um Jedermanns Seele. Er ist gleichzeitig der Regisseur dieses sommerlichen Theaterspiels. Auch Wolfgang Hartmann ist bereits zum 21. Mal dabei. Vor den Vorstellungen kommt er als einer der ersten zum Spielort, denn die Maskenbildnerin braucht lange, um sein freundliches Gesicht in das furchterregende Antlitz des Todes zu verwandeln. Später wird er hoch über den 900 Zuschauern in einer der Luken der Speicherstadt stehen und mit donnernden Stimme „Jedermann!“ rufen. Auch Fleetenkieker Johannes Haag ist seit 1994 dabei.

Da die Nachfrage wieder groß ist, hat Michael Batz zwei Donnerstage in den Aufführungsplan genommen. Auch das Wetter scheint einigermaßen mitzuspielen. Für morgen Abend ist Nieselregen vorhergesagt. Und den erträgt man in Hamburg.

Der Hamburger Jedermann Fr 25.7., 20 Uhr, Theater in der Speicherstadt, Auf dem Sande, Karten ab 18 bis 52 Euro unter T. 369 62 37. Das Stück läuft bis zum 24.8., jeweils freitags und sonnabends von 20 Uhr an, sonntags um 19 Uhr, sowie am Donnerstag 31.7. und 7.8.