Nic wer? Raine, Nic Raine. Kaum jemand kennt den 60 Jahre alten Dirigenten. Dabei ist der gebürtige Londoner eine feste Größe im internationalen Musikbetrieb. Er arbeitete mit Bands wie Duran Duran, a-ha und Texas, orchestrierte das „Liverpool Oratorio“ für Carl Davis und Paul McCartney. Er leitete Produktionen mit dem Royal Philharmonic Orchestra, der Academy of St. Martin-in-the-Fields und dem Danish National Orchestra.

Als Arrangeur war Raine für berühmte Hollywood-Komponisten wie Miklós Rózsa, Elmer Bernstein und Hans Zimmer tätig. 20 Jahre lang arbeitete er mit John Barry und arrangierte dessen Musik zu den beiden Bond-Filmen „A View to a Kill“ und „The Living Daylights“ sowie weitere Alben des 2011 verstorbenen Komponisten. Filmmusik ist sein Metier, und Raine gilt als der weltweit führende Dirigent, wenn es um das Vertonen neuer Filme oder Neueinspielungen klassischer Soundtracks geht. Das Ensemble seiner Wahl sind dabei die Prager Philharmoniker, international als City of Prague Philharmonic Orchestra, kurz CoPPO, bekannt.

Wer dieses Studio-Orchester samt Nic Raine noch nicht live erlebt hat, erhält heute Abend dazu Gelegenheit: Im CCH startet die Deutschland-Tournee „The Sound of Hollywood“ mit sinfonischer Musik aus Filmen wie „E.T.“, „Indiana Jones“, „Star Trek“, „Avatar“, „Fluch der Karibik“ und „Gladiator“. Zum bombastischen Klang von rund 75 Musikern werden auf einer großen Leinwand hinter dem Orchester Szenen der jeweiligen Filme gezeigt. Moderiert wird diese Show für Ohren und Augen von Kinoexperte Steven Gätjen.

Sicher ist: Mit der Kombination CoPPO/Nic Raine stellt sich die absolute Elite der Filmmusik-Zunft in Hamburg vor. In den vergangenen 67 Jahren hat das Orchester mehr als 700 Soundtracks eingespielt. Seinen jetzigen Namen erhielt es allerdings erst nach seiner Privatisierung 1992 vom Musikproduzenten James Fitzpatrick. Davor war es als Filmovy Symfonicky Orchestr die Adresse für die tschechoslowakische Film- und Fernsehbranche

„Der Klang der Bläser war allerdings gruselig. Doch die Streicher waren schon damals exzellent“, erinnert sich Nic Raine, der 1986 die ersten Produktionen in Prag startete. Treiber des Projekts war James Fitzpatrick, Gründer der Musikfirmen Silva Screen Records und Tadlow Music. Er ist ein Besessener und liebt den sinfonischen Klang von Filmmusik. Sein Ziel: Einen Katalog klassischer Soundtracks klangtechnisch perfekt mit einem erstklassigen Orchester einzuspielen. Die digitale Neuaufnahme von „Lawrence von Arabien“ war 1992 das erste Projekt mit dem Philharmonia Orchestra London.

„Das war viel zu teuer“, sagt Raine. Fitzpatrick verlagerte seine ambitionierten Produktionen daher in die Smecky-Studios an die Moldau. Nic Raine wurde Chefdirigent des neu firmierten CoPPO. „Im Laufe der nächsten Jahre haben wir das Ensemble weiterentwickelt, es verjüngt, die Proben- und Produktionszeiten beschleunigt“, erklärt Raine, den ich per Telefon zwischen Reiseterminen in seinem Haus bei Teterow in der mecklenburgischen Schweiz erreiche.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit der beiden Engländer mit den tschechischen Musikern ist ein beispielloser Katalog von Filmmusik-Alben in den vergangenen 20 Jahren. In der übersichtlichen internationalen Gemeinde der Filmmusik-Sammler (limitierte Auflagen haben maximal 3000 Pressungen) genießen die CoPPO-Einspielungen inzwischen höchstes Renommee.

Dank Fitzpatrick und Raine hat das Orchester den Mut, legendäre Klassiker komplett neu aufzunehmen, etwa die Scores zu „Quo Vadis“, „El Cid“, „The Alamo“, „Taras Bulba“, „The Lion in Winter“ oder „Conan“. „Geld verdienen wir damit nicht“, sagt Raine. Aber sie tun es trotzdem – zum Glück für Sammler, die gern 50 und mehr Alben des CoPPO im Regal haben.

The Sound of Hollywood Do 8.5., 20 Uhr, CCH, Saal 1, Marseiller Straße, Karten von 57 bis 79 Euro unter www.eventim.de