Auch auf Jamaika, der Geburtsinsel des Reggae, wird Ostern gefeiert. Die Rasta-Religion, die den äthiopischen Kaisers Haile Selassie wie einen Gott verehrt, besitzt christliche Ursprünge, zwei Drittel der ehemaligen britischen Kolonie sind ohnehin protestantisch. Eine spezielle Ostertradition sind die „Easter Buns“, eine Art Stollen mit Muskat, Nelken und Zimt gewürzt und mit Rosinen, Korinthen und getrockneten Früchten gefüllt. In der Hauptstadt Kingston wird das Osterfest mit zahlreichen Straßenumzügen und in prächtigen Kostümen gefeiert. Ein musikalisches Osterfest mit jamaikanischen Bezügen läuft heute in der Hamburger Fabrik. Zum zweiten Mal gibt es dort das Reggaeville Easter Special mit vier Sängern, zwei Bands, und einem Soundsystem. Star des Abends ist natürlich Gentleman, seit Ende der 90er-Jahre Deutschlands überragender Vertreter in Sachen Roots-Reggae.

Allerdings hat die Popularität des Reggae trotz der aktuellen Erfolge einer Band wie Seeed in Deutschland nachgelassen. „Confidence“, 2004 veröffentlicht, war ein Nummer-1-Erfolg für Gentleman. 48 Wochen rangierte das Album in den deutschen Charts, mehr als 220.000 Exemplare verkaufte er von dieser Platte. Auch „Diversity“ (2010) schaffte die Spitzenposition und ging mehr als 100.000 Mal über die Ladentische. Mit seinem aktuellen Album „New Day Dawn“, im vergangenen Jahr erschienen, erreichte der Köln Roots-Reggae-Musiker nur noch Platz 6. „Reggae wird leider von den Medien, den Radiostationen und damit auch von der Öffentlichkeit nicht mehr so sehr wahrgenommen, wie das noch vor ein paar Jahren der Fall war“, sagt Tilmann Otto, so Gentlemans bürgerlicher Name. Er räumt aber auch ein, dass gerade die Diskussion um die homophoben Texte jamaikanischer Reggaekünstler der Bewegung geschadet haben.

Auf „New Day Dawn“ versucht Gentleman den Spagat zwischen Roots-Reggae und dem populäreren Dancehall-Reggae hinzubekommen. Mit „The Journey“, einem typischen Gentleman-Song, beginnt das Album, bewegt sich dann stilistisch an andere Gefilde, um im letzten Drittel wieder zu der ursprünglichen Form zurückzukehren, die Bob Marley in den 70er-Jahren populär gemacht hat. „Ein ganzes Album nur Roots oder nur Dancehall wird es von mir nicht mehr geben“, sagt der Künstler, der einen Tag vor seinem Hamburger Konzert 39 Jahre alt wird. „Ich finde beide Stile spannend. Auch Elemente von Hip-Hop sind Teil meiner Musik“, sagt er. Wie auch bei vorherigen Alben ist Gentleman auch für diese Aufnahmen nach Jamaika geflogen, um dort die Gesangsspuren aufzunehmen. Die Reaktion in den Studios dort auf seine Vokalarbeit sei unmittelbarer als in Deutschland. Immer noch übt Jamaika eine große Faszination auf den Kölner Künstler aus: „Es ist das Mutterland der Musik, die ich so liebe. Es ist ein wunderschönes Land, Ich mag die Mentalität und die Art und Weise, wie die Menschen dort leben und wie intuitiv sie arbeiten“, sagt er.

Die Basis des Albums ist jedoch in Köln entstanden, wo Gentleman inzwischen in seinem Haus sein Home-Recording-Studio professionell aufgerüstet hat und indem er ungestört und frei von hohen Studiomieten an seinen Tracks werkeln kann. In diesem Studio steht auch ein Flügel, auf dem der Sänger herumgeklimpert hat. „Ich habe gemerkt, dass ich Melodien, die ich im Kopf habe auf dem Klavier umsetzen kann. Das hat mir viel Inspiration gegeben“, sagt er. „New Day Dawn“ hat er zusammen mit Ben Bazzazian und seinem Schlagzeuger Guiseppe Coppola produziert.

Verzichtet hat er jedoch dieses Mal auf Features von anderen Reggae-Sängern. Als Grund nennt er, dass die aktuelle Platte nicht in Etappen, sondern in einem Stück aufgenommen worden ist: „Die Songs sind in sich geschlossen, deshalb brauchte es keine Features.“

Gentleman & The Evolution sind Headliner beim Hamburger Oster-Reggae, aber auch die anderen Künstler haben bereits einen guten Namen. Als Mann der Stunde, wenn es um Modern Reggae geht, wird Chronixx gefeiert. Die Reggae-Fans wurden auf den jungen Jamaikaner aufmerksam, nachdem er sein Mixtape „Start A Fyah“ veröffentlicht hatte, das Major Lazer produziert hat.

Bei der laufenden Tournee ist Chronixx zum ersten Mal in Deutschland auf einer Bühne zu sehen. Er bringt zudem seine Label-Kollegen Dre Island, aktuell mit der Single „Reggae Love“ erfolgreich, und die Sängerin Kelissa mit. Sie verbindet in ihren Songs Reggae und Afro-Beats. Auch seine eigene Band Zinc Fence Redemption kommt mit auf diese Deutschland-Tournee. Natürlich dürfen die wichtigsten Lokalmatadoren in Sachen Reggae an diesem Abend nicht fehlen. Das Silly Walks Soundsystem, seit über 20 Jahren ein festes Tanzbein dieser Stadt, ist ebenfalls Teil des Reggaeville Easter Special. Es darf fröhlich gefeiert werden! Montag können wir ausschlafen.

Reggaeville Easter Special – Gentleman, Dre Island & Zinc Fence Redemption, Chronixx, Silly Walks Discotheque So 20.4., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36, Karten zu 33 Euro im Vorverkauf unter www.fabrik.de