Es war ein Erfolg, den niemand vorhersah. Gut ein Jahr lang hielt sich der Film „Ziemlich beste Freunde“ auf den Spielplänen. Und er kam nicht aus Hollywood, sondern aus Frankreich. Mehr als neun Millionen deutsche Kinogänger sahen 2011 die Komödie der Regisseure Olivier Nakache und Eric Toledano. Weltweit spielte sie 444 Millionen US-Dollar ein. Nun soll der Stoff nach einer wahren Geschichte um die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem reichen Querschnittgelähmten und seinen politisch sehr unkorrekten Pfleger mit arabischen Wurzeln auch auf der Theaterbühne reüssieren. Der französische Regisseur Jean-Claude Berutti richtet die Premiere für den Sonntag in den Kammerspielen ein.

Berutti, der sehr gut Deutsch spricht und erstmals in Hamburg arbeitet, entdeckt in dem Stück eine Charakterkomödie mit Tiefgang statt nur wohlgesetzte Pointen. „Das Stück ist besser als der Film. Beide Figuren sind gefangen, Philippe in seinem kranken Körper, sein Pfleger Driss in Isolation und Ausgrenzung“, sagt Jean-Claude Berutti. „Mit wenigen Mitteln bringt der Autor die Umgebung zum Leben.“

Die Ursachen des Stofferfolgs seien, meint Berutti, in Frankreich und Deutschland unterschiedlich, das sei der jeweiligen Historie geschuldet. In der wahren Geschichte ist der Pfleger Driss ein Algerier, das hätte dem Film aufgrund der schwierigen Geschichte mit Frankreich geschadet, also war er im Film Senegalese. In Deutschland sei der Erfolg reflektierter. „Ich glaube, die Deutschen sind offener für die Multikulturalität und sie haben kein Klassenproblem wie die Franzosen“, sagt Berutti. Frankreich mit seiner kolonialen Vergangenheit sei stark vom Katholizismus geprägt, Deutschland stärker vom Protestantismus. In dem Stück findet Berutti auch Spuren der muslimischen Tradition, die der Film ausspart. Das Verhältnis zum Körper oder zur Frau.

Vor allem aber entdeckt Berutti in der Struktur Anleihen bei klassischen Molière-Komödien, wie „Der Menschenfeind“ und „Der eingebildete Kranke“. Ein Underdog trifft auf einen Großbürger. Erst treibt Driss, Einwanderersohn mit Knastvergangenheit und losem Mundwerk, die Handlung voran, muntert den vor sich hin dämmernden Philippe auf, dreht ihm Joints und bestellt Prostituierte.

Die kulturell ungleichen Männer werden beste Freunde. Diese Entwicklung zu zeigen, nimmt sich das Stück deutlich mehr Zeit als der Film. „Das verlangt Geduld, Großzügigkeit und auch ein wenig Aufgabe des Selbst“, sagt Jean-Claude Berutti. Als Philippe per Brief und Telefon ernsthaft mit einer Frau anbandelt, wird klar, dass eine Trennung des Duos bevorsteht.

Berutti inszeniert das Stück mit dem Hamburger Patrick Abozen, bekannt auch aus dem Kölner „Tatort“, als Pfleger Driss, und Serienstar Hardy Krüger jr („Gegen den Wind“, „Forsthaus Falkenau“) als Philippe.

Ziemlich beste Freunde Premiere So 23.3. 19 Uhr, Vorstellungen bis 10.5., Kammerspiele, Hartungstraße 9-11, Karten zu 19,57 bis 42,88 Euro bei der Abendblatt-Ticket-Hotline unter T. 30 30 98 98 oder www.hamburger-kammerspiele.de