Jemand, den du lieb hast, stirbt. Und alles ist anders. Wer Kindern und ihren Eltern dann hilft, weiß Alexandra Maschewski

Man mag gar nicht darüber nachdenken. Wie es wäre, wenn jemand, den man liebt, auf einmal nicht wiederkäme. Nie mehr. Weil er oder sie gestorben ist. Über das Thema Tod spricht eigentlich niemand gern. Weil es oft Angst macht – sogar den Erwachsenen. Dabei ist Reden ganz wichtig! Denn wenn tatsächlich etwas passieren sollte, hilft das bei der Trauer. Damit irgendwann nicht der Schmerz, sondern die schönen Erinnerungen überwiegen können.

In Hamburg gibt es einen Verein, Zentrum für Kinder und Jugendliche in Trauer, der es sich zur Aufgabe gemacht hat zu helfen. Wir haben mit erfahrenen Mitarbeiterinnen über wichtige Fragen gesprochen.

Trauern Kinder eigentlich anders?

„Sie verfallen meist nicht in eine anhaltende Phase tiefer Trauer, sondern sie sind immer mal wieder sehr traurig und können aber kurz danach schon wieder herumalbern oder toben oder auch aggressiv sein“, sagt Barbara Heling, die für das Zentrum für Kinder und Jugendliche in Trauer arbeitet. Dort gibt es spezielle Trauergruppen für Fälle, in denen ein Elternteil, der Lieblingsopa oder ein anderer Mensch, der einem nahestand, gestorben ist. Manchmal ist es so, dass Kinder ihre Traurigkeit gar nicht erst zeigen, weil sie vermeiden wollen, dass etwa die Mutter nach dem Tod des Vaters auch gleich wieder traurig wird. „Aus Fürsorge halten sie sich mit ihren Gefühlen dann zurück. Und sind allein damit.“ Und weil ein Fünfjähriger ein ganz anderes Verständnis vom Tod hat, weil er noch gar nicht erfassen kann, was ein unwiederbringlicher Verlust eigentlich bedeutet, sind die Gruppen nach Alter unterteilt.

Gerade weil Gefühlsäußerungen sich sprunghaft ändern können, werden sie manchmal von den Erwachsenen gar nicht verstanden. Eines muss klar sein: Beim Trauern gibt es kein Richtig oder Falsch. „Wer bei uns vor der Tür vorbeigeht, würde manchmal nicht glauben, dass dahinter eine Trauergruppe ist, weil auch gelacht wird“, sagt Maria Traut, die schon seit 13 Jahren als Trauerbegleiterin für Kinder und Jugendliche arbeitet. Natürlich sei auch Humor „erlaubt“, dahinter verberge sich meist eine große Ernsthaftigkeit. Alles darf, denn alle Gefühle gehören zum Leben.

Warum sollte der Tod kein Tabu sein?

„Kinder sind kleine weise Wesen, die von nichts ausgeschlossen werden müssen und dürfen.“ Davon ist Maria Traut fest überzeugt. Sie weiß gut, dass sich Erwachsene manchmal nicht trauen, die Wahrheit zu sagen. Das sei aber gar nicht nötig, denn wer „Ausweichwahrheiten“ verwende, um Kinder zu schonen, der erreiche häufig das Gegenteil. So mag es angenehmer sein zu behaupten, dass der Opa bloß schlafe, obwohl er ja nicht wiederkommt. Doch wenn Tod=Schlaf wäre, wäre es dann nicht gefährlich, einzuschlafen? Unklarheiten bedeuten: Alles kann möglich sein. Die Erwachsenen sollen also ruhig Wörter benutzen wie Sterben, Urne oder Grab. Denn wenn die Großen offen und ehrlich sind, dann sind es auch die Kleinen. Und wenn Mama einmal weinen muss, dann soll sie es einfach tun. „Man sollte unbedingt an die emotionale und soziale Kompetenz eines jeden Kindes glauben.“ Die Trauerbegleiter wissen, dass Kinder meist nicht aus Unsicherheit „drum herumreden“ müssen, sie finden ihre Sprache für ihre Gefühle („Wenn ich mit der blauen Farbe male, hab ich ein ganz schönes Gefühl am Bauch, und dann ist der Papa ganz nah.“). Das funktioniere auch, wenn man die Worte einmal beiseitelasse und zum Beispiel eine Erinnerungskiste bastele.

Geschichten, die helfen können

Es gibt viele Bücher, die sich mit dem Thema beschäftigen, dabei kann es um den Tod eines lieben Menschen, aber auch um den Verlust eines Haustiers gehen. Warum nicht eine Geschichte aus der Tierwelt? Vielleicht ist es ja gerade hilfreich, nicht auch noch ein Buch über den Tod der Großmutter zu lesen, wenn man Oma so vermisst. „Kinder können eine Geschichte ohne Probleme auf ihre eigene Situation transferieren und das herausziehen, was für sie persönlich wichtig ist“, sagt Maria Traut.

Wie es weitergeht

Man muss sich nichts vormachen: Ein Todesfall kann das Leben prägen. Es gibt sogar Erwachsene, bei denen sich die Trauer – etwa über den Tod von Vater oder Mutter – in Schüben oder bei wichtigen Erlebnissen wie der eigenen Hochzeit zurückmeldet. Niemand kann von außen bestimmen: Nun ist aber mal gut mit Trauer – jetzt ist es Zeit, wieder normal zu funktionieren. Außenstehende, die nicht bloß Angst vor dem Tod, sondern vielleicht sogar vor Trauernden haben, sollten wissen: Einfach da sein und zuhören hilft!