Am vergangenen Wochenende wurde offiziell die Segelsaison auf der Alster eröffnet. Das Abendblatt sagt, wo die Hamburger in Boote und Kanus steigen können.

St. Georg. Der junge Sonntag startet von seiner attraktivsten Seite. Zaghaft gewinnt die Sonne Oberhand über den Nebel und lässt die Außenalster wie einen Smaragd funkeln. Doch des einen Freud ist des anderen Leid: Der Wind steht still. Noch nicht mal ein laues Lüftchen regt sich. Schlechte Vorzeichen für eine Segelregatta. Kurzerhand wird der Start verlegt und auf ein kurzes Rennen begrenzt. Ein Grund mehr, auf der Terrasse des Clubhauses geselligen Tiefgang zu suchen. So kann sich jeder ein bisschen als Sieger fühlen.

Wie gut, dass während der ersten vier von fünf Etappen des Wochenendes am Sonnabend zumindest Windstärke drei bis vier geherrscht hatte. Das gab Auftrieb für 120 Frauen und Männer auf ihren Starbooten und J-24. Mit Elan, geblähten Segeln und Vorfreude auf die aktive Jahreszeit starteten 34 Kielboote in die offizielle Saison auf dem Haussee der Hamburger. Mehrfach mussten die gelben Tonnen zwischen Schwanenwik und Milchstraßen-Ufer umrundet werden. Sportler aus Polen, Dänemark, Italien und allen möglichen deutschen Landen sorgten neben den Gastgebern des Hamburger Segel-Clubs (HSC) von 1892 für Betrieb auf dem acht Grad kalten Wasser. Leinen los zur Frühlingsregatta.

„Segeln auf der Alster ist wie Urlaub in der Stadt“

„Monatelanges Warten hat ein Ende“, sagt Sybs Bauer bei einem Pott Kaffee auf dem Anleger Gurlitt-Insel am östlichen Ufer. Die Designerin mit eigenem Unternehmen in St. Georg freut sich auf Frühling, Sommer und Herbst unter Segeln. Zusammen mit Hund Kacie, einem aufgeweckten Mischling, ging sie am Wochenende erstmals im Jahr 2014 an Bord. Je nach Wetter wird sie ihr eigenes Laser-Boot, eine wendige Einhandjolle, demnächst aus dem Winterlager in Billwerder befreien und am Steg des HSC vertauen. Dann heißt es auch für die begeisterte Segelfrau: „Mast- und Schotbruch!“

Die Leidenschaft der gebürtigen Stuttgarterin wurde nach ihrem Umzug nach Hamburg vor gut 20 Jahren geweckt. „Segeln auf der Alster ist wie ein Stück Urlaub in der Stadt“, weiß sie. „Man hat Freiheit in der Zeit, ist nur abhängig vom Wind.“ Oft sei sie mit sechs Gesinnungsgenossen an Bord, so wie früher regelmäßig während der Antigua Race Week vor der Küste ihrer ehemaligen Wahlheimat Venezuela und genieße Sports- und Teamgeist. Für Hierarchien und lange Diskussionen sei zwischen den Manövern kein Platz.

Der Hamburger Segel-Club hat rund 700 Mitglieder

Sybs Bauer ist so, wie ein Laie sich eine Seglerin vorstellt: frisch, frei, unkompliziert. Mit den meisten der gut 700 Mitgliedern des Hamburger Segel-Clubs ist die per Du. Die Flagge mit dem weißen Andreaskreuz und dem schwarzen Ball in der Mitte auf dem Anleger Gurlitt-Insel weist den Weg. Nebenan sind mit dem Ruderclub Allemannia von 1866 und der Segelschule Käpt’n Prüsse weitere hanseatische Institutionen. Entsprechend maritim und sportlich ist die Atmosphäre vor Ort. Je vier Frauen und Männer aus Reihen des HSC sind in der Segel-Bundesliga aktiv. Ein Boot, die „Alice“, wird von sechs Frauen zwischen 16 und 25 Jahren manövriert.

Vor dem Clubhaus sind 270 Liegeplätze. Hafenmeister Ole hat alles im Griff. 60 Boote gehören dem Verein – vom Optimisten bis zum Seeschiff. Davon profitieren fast 100 Kinder und Jugendliche. Betreuung, Theorie und Kurse werden ehrenamtlich gemanagt. Auf dem Programm des gesellschaftlichen Lebens im frisch renovierten Clubhaus mit der großen Veranda und Terrasse stehen neben den offiziellen Verbandsregatten die Wettfahrten immer mittwochs während der Saison, monatliche Clubabende und Vorträge zum Thema Nummer eins.

Am vorigen Donnerstag ging es um internationale Regeln und um Sicherheit auf See. Heute am Montag ist Trainingsauftakt für den Nachwuchs. Im April wird zum Sushi-Abend geladen.

Vier Verbandsregatten sind 2014 noch geplant

Die ebenso plietsche wie fröhliche Bedienung bringt Kaffeenachschub. Im Gegensatz zur sonntäglichen Flaute draußen ist sie ein Wirbelwind. Das Haus füllt sich – auch angelockt von einem satten Frühstücksbüffet inklusive Heißgetränken zum Freundschaftspreis von 5,50 Euro. An den Wänden hängen Motive der Fahrten- und Wandersegler, die vom Heimathafen Alster aus die Welt eroberten. In einer Vitrine dokumentiert eine beeindruckende Trophäensammlung die Tradition des HSC. Zu sehen sind Erinnerungsstücke von Hans-Otto Schümanns Starts im Admirals Cup vor der Isle of Wight, aber auch olympische Medaillen aus Mexiko 1968 und Kiel 1972.

Mit Verspätung entert Wettfahrtsleiter Lennart Klemp doch noch das rote Startboot und gibt Signal für einen verkürzten Wettbewerb. Das zumindest kann nur besser werden. Vier Verbandsregatten stehen in diesem Jahr noch auf dem Programm. Hinzu kommen zig andere Veranstaltungen von allen möglichen Clubs und Vereinen. Jetzt ist die Saison eröffnet.

Hamburg ahoi!

Weitere Informationen:

Nicht nur Segelboote sind auf der Außenalster zu sehen, auch Ruderer, Kajaks und Tretbootfahrer sorgen für regen Betrieb auf dem 164 Hektar großen und bis zu 4,50 Meter tiefen See inmitten der Großstadt – von den Alsterdampfern ganz zu schweigen.

Es gilt die Hafenverkehrsordnung: „Sportfahrzeuge“ müssen untereinander nach der Regel „rechts vor links“ ausweichen. Die bekanntesten Segelclubs sind der Norddeutsche Regatta Verein an der Schönen Aussicht 37 sowie der Hamburger Segel-Club An der Alster 47 a. Bei Bobby Reich, Bodo’s Bootssteg und anderswo werden Segeljollen, Holzruderboote, Kanus verliehen. In den Segelschulen Käpt’n Prüsse oder Pieper kann üben, wer unter Segel ein Meister werden will.