Im März wurde der Snow Dome in Bispingen geschlossen. Nach einer umfangreichen Sanierung ist er jetzt wieder für Wintersportler geöffnet. Ein Besuch im künstlichen Winterparadies.

Es regnet, es ist kalt, es ist dunkel an diesem Nachmittag im November: Wir stehen draußen vor diesem beleuchteten Lindwurm in der Lüneburger Heide. Mehr als 30 Meter hoch ist die gigantische Anlage, die dort seit 2006 an der A7-Ausfahrt Bispingen als merkwürdig geschwungene Hallenkonstruktion aufragt. „Heide-Gletscher“, wird die künstliche Ski- und Rodelwelt genannt. „Snow Dome Bispingen“ heißt sie offiziell. Da die von einem Investoren-Konsortium aus dem österreichischen Skiort Sölden betriebene Anlage nie richtig schwarze Zahlen geschrieben hatte, wurde der Snow Dome im März dieses Jahres geschlossen. Kurz war fraglich, ob es weitergeht. Dann entschloss man sich doch zu einer umfangreichen Sanierung. Seit Anfang November hat der Snow Dome wieder geöffnet, wir sollen ihn ausprobieren – obwohl einem im regennassen Norddeutschland-Herbst vielmehr der Sinn nach einer künstlichen tropischen als nach einer künstlichen alpinen Welt steht. Doch der Gedanke vom Kalten ins noch Kältere gehen zu müssen, ist bald verflogen.

Ein großer Gastronomiebereich verbreitet Alpenromantik

Ein großer Gastrobereich am Eingang erinnert an Alpentouristik. Die Mitarbeiter tragen sogar Lederhosen und karierte Hemden. Durch Panoramascheiben fällt der erste Blick auf den schneebedeckten Hallen-Hügel, viele Scheinwerfer erschaffen dort die Illusion eines sonnigen Wintertages, riesige Fotowände mit schneebedeckten Bergen simulieren Weite. Sogar Lifte haben sie dort, ruft Bendix, mein neunjähriger Sohn und Mittester, und drängt entschieden zur Ausleihe. Er hat schon einmal im Thüringer Wald einen ersten Skikursus absolviert, meine Erfahrung erschöpft sich sich eher in den Abenteuern an den südlichen Ausläufern der Harburger Berge. Mit Todesbahn und Buckelpiste zwar, aber meist nur mit hauchdünner Schneeschicht bedeckt und eine Sache von wenigen Sekunden, wenn man herunter rodeln wollte.

Das Ausleihen funktioniert problemlos. Wir entscheiden uns zunächst für Schlitten, dicke Schneeschuhe gibt es dazu. Wer will, kann auch Skijacken oder entsprechende Hosen leihen, natürlich auch Ski oder Snowboards und Helme. Es gibt unterschiedliche Tickets, 19 Euro kostet eine Stunde für Erwachsene. Man zieht sich kurz um, eine Magnetkarte öffnet wie in einem Hallenbad den Weg in die weiße Welt.

Drinnen ist es noch kälter als draußen, zwischen minus zwei und minus vier Grad. Der Schnee knirscht unter den dicken Schuhen. Er ist weder pappig noch bröckelig wie künstlicher Schnee manchmal sein kann. Die Luft riecht nach Winter, nach trockener, schöner Kälte.

Eine neue Bodenkühlung soll die Energiekosten senken

Und genau das war in den vergangenen Jahren das Problem des Snow Dome Bispingen. Um die Temperatur in der immerhin 23.000 Quadratmeter großen Halle auch im Sommerbetrieb so kühl zu halten, waren enorme Energiekosten zu tragen, erklärt Sprecherin Leonie Stolz. Und weil die Kosten für Energie stiegen, entschlossen sich die Betreiber im März zum vorläufigen Aus. Sehr zum Entsetzen des Tourismusverbandes Lüneburger Heide, für den der Snow Dome immer wichtiger Teil des Tourismuskonzepts war. Tatsächlich kamen im Sommer sogar Dänen – zum Skiurlaub in der Heide. Mit 4,5 Millionen Euro hatte das Land Niedersachsen den Bau der 40 Millionen teuren Halle sogar gefördert.

Die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Betrieb ruht nun auf einer neuen Kühltechnik. Der Winter in der Halle kommt jetzt mit aller Macht aus dem Boden. Rund 120 Kilometer lang ist das Kühlschlangennetz unter den verschiedenen Pisten – weit länger als zuvor. Darüber hat sich ein 20 Zentimeter starker Eispanzer gebildet, der die etwa 40 Zentimeter dicke Schneeschicht kühl halte und die Struktur dadurch so fein und natürlich mache, wie die Snow Dome Sprecherin erklärt. Gleichzeitig konnte mit der neuen Kühltechnik rund ein Drittel der Energiekosten gesenkt werden, weil eine Bodenkühlung effektiver als eine Luftkühlung ist.

Mit knirschenden Schritten marschieren wir zum Sessellift – praktisch, so etwas gibt es nicht in den Harburger Bergen da draußen. Nach kurzer Zeit ist die Bergstation erreicht, die 30 Meter höher liegt. Unter uns liegt die 300 Meter lange Abfahrt. Im Gegensatz zur zweiten großen norddeutschen Skihalle in Wittenburg gilt die Anlage in der Heide als etwas weniger steil und „familienfreundlicher“, doch ich bin ganz froh, nun hier erst einmal nur das Rodeln auf der eigenen Schlittenpiste zu testen. Der Begriff „steil“ ist eben relativ.

Der Snow Dome ist der ideale Ort um für die Berge zu üben

Familien wedeln nebenan herab, einige Snowboarder drehen flotte Kreise, weiter unter auf dem flachen Anfängerhügel trainiert eine Schülergruppe. Eine zehnte Klasse aus Lübeck. Ideal sei der Snow Dome zum Üben, sagt uns deren Lehrer Holger Vogt. Skifahren, Anstellen beim Sessel oder Tellerlift – alles könne man wunderbar trainieren. „Ein paar Stunden hier erspart zwei, drei Tage im Skigebiet“, sagt er.

Doch wir wollen ja nicht trainieren, sondern nur rodeln: Schnell, immer schneller, schnellt der Schlitten von Bendix hinunter, kurz mache ich mir Sorgen, dann ist er unten. Ich versuche es bäuchlings auf dem Schlitten – so wie früher. Kein Erdhügel, kein Baum stört den Rausch des Gleitens, die Augen tränen, dann bin auch ich unten. Perfekt.

Wir eilen wieder zum Lift, dann geht es hinunter. Wieder und wieder. Der Atem kondensiert, die Luft ist frisch, es fröstelt leicht an den Händen, es ist wirklich Winter. Für eine Stunde. Dann ist wieder Herbst, nass und dunkel. Draußen auf dem Parkplatz.

Weitere Informationen zum Snow Dome: www.snow-dome.de