Die Schwesterinseln in der Nordsee umgarnen den Besucher: In Wyk warten reizvolle Hintergassen und Amrum empfängt mit heimatlicher Küche

Amrum, Insel der Freiheit. Der wilden Natur an leeren Stränden. Der lauschigen Stunden im Kiefernwald nach einer Radtour. Der langen Nächte auf dem Balkon einer Ferienwohnung mit Bier und Krabbenbrot. Wer einmal diese friesische Freiheit in vollen Zügen genossen hat, der ist Amrum verfallen. Föhr, die grüne Insel mit weißem Strand, scheint dagegen nur ein leidiger Zwischenstopp auf der Fährfahrt von Dagebüll mit der Wyker Dampfschiffreederei. Dabei sind sich die beiden Nordfriesischen Inseln ähnlicher, als man denkt. Egal, ob Föhr oder Amrum – wer hierherfährt, sucht die Ruhe eher als das laute Zurschaustellen. Fast scheint es so, als hätten sich die Schwestern unterhalb von Sylt gegen ihre mondäne Konkurrentin verschworen – mitsamt ihren Urlaubern.

Ein längerer Zwischenstopp als die fahrplanmäßigen 15 Minuten in Wyk auf Föhr lohnt sich. Nicht zuletzt, weil Föhr schöner ist, als der Fährgast auf den ersten Blick von Bord erkennen kann. Die modernen Hotels an der Promenade von Wyk wirken wie Bausünden, wie man sie von vielen Ostseebädern kennt. Zwei Großbrände im 19. Jahrhundert zerstörten weite Teile der Altstadt. Blickt man aber hinter diese Kulisse, entdeckt man bezaubernde Gassen wie die Carl-Haeberlin-Straße mit den kleinen Kapitänshäuschen und winzigen Gärten davor. Mittendrin: entspannte Inselbewohner, die mit einem freundlichen „Moin“ grüßen und das Streichen des Gartenzauns gern unterbrechen, um in aller Ausführlichkeit den Weg zum Hafen zu beschreiben. Die viel beschworene Sturheit der Friesen – sie ist in Wyk und überhaupt auf Föhr nicht zu spüren.

Wyk ist eine etwas andere Hauptstadt

Die Strandpromenade Am Sandwall hat sich mit vielen Cafés und Boutiquen aufgehübscht. Touristen pendeln mit Eis und Fischbrötchen zwischen Strandkörben und Souvenirshops. Insulaner sprechen auch gern von ihrer „Hauptstadt“ – bei 4500 Einwohnern! Wyk will eben mehr sein als nur Hafenstadt. Schließlich war es einst das bekannteste Seebad an der Küste und lockte neben Dänenkönig Christian VIII. auch zahlreiche Badegäste in die Sommerfrische, lange bevor irgendjemand Westerland kannte. Heute sind es hauptsächlich Familien, die es auf die landwirtschaftlich geprägte Insel mit ihren langen Strandabschnitten zieht. Wer es ruhiger mag, macht einen Abstecher ins benachbarte Nieblum, einen charmanten Ort mit reetgedeckten Häuschen, kleinen Gartencafés und Galerien.

Der letzte Kiosk vor Amrum

Mit dem Fahrrad ist man in zwei Stunden im Westen der Insel und bei einem weiteren Höhepunkt angelangt: Der Besuch des Friedhofs an der St.-Laurentii-Kirche in Süderende ist eine Reise in die Vergangenheit. Kunstvoll bemalte Grabsteine erzählen Familiengeschichten und berichten von Schicksalen, die sich während Kriegen oder beim Walfang in der Nordsee zugetragen haben. Auch Ausflüge zu den Halligen, naturkundliche Strandspaziergänge und Wattwanderungen zu den Nachbarinseln sollte ein Föhr-Urlauber unbedingt mitmachen. In Dunsum kann man sich am „letzten Kiosk vor Amrum“, der passenderweise „Zum Wattenläufer“ heißt, erfrischen, bevor es ins Watt geht.

Während die Wattläufer nach und nach an der Strandhalle in Norddorf eintrudeln, liegt die Terrasse des „Café Schult“ in der friedlichen Stille der Spätnachmittagssonne. „Café Schult“, Bäckerei, Konditorei und Eiscafé seit 1897, ist Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens von Norddorf, um nicht zu sagen, von ganz Amrum. Hinter den mächtigen Buchweizen- und Friesentorten haben Radler und Spaziergänger Platz genommen, die von ihrer Tour entlang dem Vogelschutzgebiet oder über den Kniepsand zurückgekehrt sind – erschöpft, aber glücklich. Wie Föhr ist auch Amrum eine Fahrradinsel mit entsprechend großer Anzahl von Verleihen. Ein Auto braucht man hier nicht.

Die gute Seeluft macht ganz schön hungrig: auf Krabbenbrote (am besten selbst gepult vom Fischhändler in Nebel), Muschelsuppe (im Hotel Friedrichs in Nebel), Filets vom Salzwiesenlamm oder Angeldorsch (im Hotel Seeblick in Norddorf). Danach kann man sich zwischen dem winzigen Kino Lichtblick mit den durchgesessenen Stühlen und dem Gemeindehaus entscheiden. Anschließend lädt die gediegene Entenschnackbar des Hotels Hüttmann auf einen Absacker ein. Oder Amrums einziger Nachtklub, die „Blaue Maus“, lockt den Gast mit seiner beeindruckenden Whisky-Auswahl nach Wittdün an die Inselstraße. Falls dieser sich überhaupt vom Balkon seiner Ferienwohnung fortbewegt. Amrum, Insel der großen Freiheit.

Anfahrt

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Täglich im Eineinhalbstundentakt von Hamburg-Hauptbahnhof nach Dagebüll. Fähren in Richtung Föhr (45 Minuten) und Amrum (1,5 bzw. 2 Stunden). Fahrpläne: www.bahn.de, www.faehre.de

Mit dem Auto: Über die A 23 nach Heide, weiter auf der B 5 nach Bredstedt, beim Schild „Fähren nach Föhr und zu den Halligen“ ab und bis Dagebüll-Mole fahren (ca. 190 Kilometer). Parken gegen Gebühr.

Weitere Informationen: Fremdenverkehrsamt Amrum, Am Fähranleger, 25946 Amrum, Tel. 04682 / 940 30, www.amrum.de, www.foehr.de