Ein paar Jahre lang war die Teigtasche an der Hein-Hoyer-Straße ein Geheimtipp und wurde von St.-Pauli-Besuchern oft nur zufällig entdeckt. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass man hier deftige litauische Gerichte bekommt, eine gute Grundlage für lange Kieznächte. 2011 nahm sich Ilona Petrauskiene vor, Spezialitäten ihrer Heimat Litauen in Hamburg bekannt zu machen. Nach einem Umbau bekam die frühere Kneipe mit der kleinen Empore ein ganz neues, uriges Ambiente.

Schon an der Tür beginnt der „Ausflug nach Litauen“: Neben dem Eingang liegen Reiseführer und Bildbände über das baltische Land, über dem Fenster flimmern litauische Reiseimpressionen auf einem Bildschirm. Wer das Wort „rustikal“ erfunden hat, muss vorher hier gewesen sein: Tische und Stühle sind aus massivem Holz, die Teller kommen auf lederne Sets, auch Serviettenboxen und Bestecktaschen sind aus Leder. Alles in Litauen gefertigt, sagt die Besitzerin. Zur Einstimmung eignet sich der Sanddorn-Tee mit würzigem litauischem Honig. Oder, etwas ganz Besonderes, der „Bernstein-Tee“ mit einem echten Bernstein in der Kanne. Die im Harz erhaltenen ätherischen Öle entfalten ein ganz leichtes, feines Aroma.

Die Teigtasche füllt eine Lücke: Litauische Küche war lange ein weißer Fleck auf den gastronomischen Land-, vielmehr Speisekarten. Viele Gerichte, die man aus der russischen und polnischen Küche kennt, seien in Litauen ähnlich, „aber wir machen sie eben etwas anders“, erklärt die freundliche Bedienung. Etwa Borschtsch, die Rote-Bete-Suppe. Šaltibarščiai heißt die kalte, rosafarbene Variante aus Litauen, in der das rote Knollengemüse mit Buttermilch, Lauchzwiebeln, gekochtem Ei, Gurken und Dill zubereitet und mit heißen gerösteten Kartoffeln serviert wird (7,50 Euro) – im Geschmack sehr fein und frisch. In der heißen Variante wird die rote Suppe mit Zwiebeln, Steinpilzen und Rindfleischstücken gekocht, obendrauf Schmand, dazu Röstkartoffeln (5,90 Euro).

Der Schwerpunkt aber liegt auf den Teiggerichten. Mit einer Teigtaschen-Mixplatte (15,90 Euro) lernt man ­verschiedene Sorten kennen: Die handgemachten Teigtaschen, gefüllt mit Hähnchen- oder Schweinefleisch, geschmortem Weißkohl, Kartoffelbrei und Speck oder mit Quark und Minzblättern (jede Sorte gibt es auch als eigenes Gericht), sind gekocht. Dazu wird eine Sahnesauce gereicht. Dieselbe Mischung gibt es auch frittiert, das wäre mir allerdings etwas zu fettig.

Weitere litauische Spezialitäten sind etwa die gefüllten Pfannkuchen, gefüllten Kartoffelpuffer oder die Cepelinai. Das sind gekochte oder geröstete Kartoffelknödel, die mit Fleisch oder Quark gefüllt sind und mit Speckwürfeln, Schmand und einer Pilz-Sahnesauce gegessen werden. Heutzutage spielt die Landwirtschaft in Litauen – neben Finanzdienstleistungen, Baubranche oder IT – nur noch eine Nebenrolle, aber früher war Litauen ein Agrarland – an der Küche merkt man das noch. Aber auch Fleisch- und Fischfreunde kommen auf ihre Kosten. Zum Beispiel bei Matjes „Silké“ mit heißen Kartoffeln und Pilzen, bei Zanderfilet an Spinatsauce oder der Schweinshaxe „Karka“ für zwei Personen mit saurer Gurke und verschiedenen Saucen (hier ist eine Vorbestellung nötig).

Dazu passt das kräftige litauische Švyturys-Bier (hell, dunkel, Hefeweizen). Wer mit einem Schnaps nachspülen möchte: Sehr empfehlenswert sind der selbst gemachte Moosbeerenschnaps oder ein litauischer Wodka. Und wer angesichts der Dauerreisebilder aus Litauen jetzt nicht sofort ins Reisebüro stürzt, muss völlig abgestumpft sein. Oder einfach zu satt.

Teigtasche Hein-Hoyer-Straße 10, Mo 16 Uhr bis 23 Uhr, Di–Do 14 Uhr bis 23 Uhr, Fr/Sa 14 Uhr bis 1 Uhr, So 13 Uhr bis 23 Uhr, T. 18 12 69 40; www.restaurant-teigtasche.de