Angefangen hat er als „weißer Knopf“: Bijelo Dume hieß die erste erfolgreiche Band von Goran Bregovic. Das war in den 80er-Jahren, als der Rockgitarrist zu den Superstars in Jugoslawien gehörte und mit seiner Rockband Stadien füllte. Hierzulande wissen Anhänger des 1950 in Sarajevo geborenen Musikers wenig von Bregovics Anfängen. Im Westen ist er vor allem als Komponist von Filmmusik bekannt geworden. Er schrieb die Soundtracks für Werke seines Landsmanns Emir Kusturica, unter anderem für „Arizona Dream“ mit Johnny Depp, für den preisgekrönten „Underground“ und für „Schwarze Katze, weißer Kater“ und wandelte sich vom Rockmusiker zum Experten für Balkan-Folklore. Intensiv hat Bregovic sich mit Hochzeiten und Beerdigungen beschäftigt, denn dafür braucht man in seiner Heimat traditionelle Musik. Sein Großensemble, das am 29. Oktober in der Fabrik gastiert, nennt der serbisch-kroatische Komponist und Bandleader deshalb auch The Wedding And Funeral Band.

Die Musik von Bregovic klingt ähnlich wie die anderer Balkan-Brassbands, etwa von Fanfare Ciocarlia (die spielen am 8. November ebenfalls in der Fabrik) oder dem Original Kočani Orkestar. Doch gegenüber den Autodidakten, die keine Noten lesen können und aus dem Bauch heraus spielen, ist Bregovic ein Intellektueller. Er hat Philosophie studiert und ein Konservatorium besucht.

Bregovic weiß um die Kraft, die in der Folklore der Balkanländer steckt. Der Kosmopolit, der lange in Paris gelebt hat und erst vor ein paar Jahren in seine Heimatstadt Sarajevo zurückgekehrt ist, leitet ein Ensemble, in dem Posaune, Tuba und Pauken ein dichtes rhythmisches Geflecht bilden, auf dem Klarinette, Gitarre und Streichinstrumente beswingt herumtanzen können.

Dieser Folklore-Teil von Bregovics langer Karriere dauert inzwischen auch schon mehr als 20 Jahre. Teilweise reiste er mit einer Mammut-Besetzung um die Welt: Ein komplettes Sinfonieorchester und ein 50 Personen starker Chor spielten seine Kompositionen. Höhepunkt dieser Phase ist immer noch ein Konzert, das er am 1. Mai 1997 in Rom vor 500.000 begeisterten Zuhörern gab.

Wenn er jetzt endlich mal wieder in die Fabrik kommt, wird die Besetzung seiner Combos natürlich deutlich kleiner ausfallen. Doch Konzerte mit der Band des Gitarristen sind unabhängig von der Größe des Ensembles ein Heidenspaß.

In seinen Songs benutzt Bregovic viele Melodien und Themen aus der Musik der Sinti und Roma, obwohl er selbst nicht zu deren Volk gehört. „Mit meinen Stücken möchte ich an den wichtigen kulturellen Beitrag der Gypsys erinnern“, sagt er. Das wiederum kommt einer wichtigen politischen Aussage gleich, denn die Roma werden zum Beispiel in Rumänien, Serbien und Ungarn ausgegrenzt und als Menschen zweiter Klasse behandelt. „Champagne For Gypsies“ heißt ein Album von Bregovic aus dem Jahr 2012. Deutlicher kann eine Liebeserklärung nicht ausfallen.

Goran Bregovic Sa 29.10., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36, Karten zu 46 Euro im Vorverkauf und an der Abendkasse