„Call It What It Is“ heißt das aktuelle Album von Ben Harper. Das entscheidende Wort verrät der Titel noch nicht: Es lautet „Murder“. Wie zuvor andere afroamerikanische Künstler wie D’Angelo oder Kendrick Lamar befasst sich auch Harper mit den Erschießungen junger schwarzer Männer durch weiße Polizisten. In „Call It What It Is“ erwähnt er Michael Brown, der in Ferguson getötet wurde, und Ezell Ford, der ein Opfer der Polizei von Los Angeles wurde. Über die Beamten des Los Angeles Police Department (LAPD) hat Ben Harper schon vor mehr als 20 Jahren mal einen Song geschrieben: „Like A King“ war die Reaktion auf die Festnahme von Rodney King, der 1991 von Polizisten zusammengeschlagen worden war, die jedoch später nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Der Freispruch der Beamten führte zu tagelangen gewalttätigen Unruhen in Los Angeles.

„In den USA ist man als Schwarzer sofort verdächtig“, sagt der 46 Jahre alte Sänger und Gitarrist. In „Call It What It Is“ singt er: „They shot him in the back, now it’s a crime to be black“ (Sie schossen ihm in den Rücken, jetzt ist es ein Verbrechen, schwarz zu sein). Harper trägt seine Anklage nicht im aggressiven Ton eines Volkstribuns vor, das passt nicht zu seinem Stil. Der Song ist ein Blues. Blues und sanfter Soul sind Harpers wesentliche Ausdrucksformen, dazu kommt das Spiel auf seiner Weissenborn-Steel-Gitarre mit ihrem immer etwas klirrenden Klang. Seine präzisen Beschreibungen der alltäglichen Umstände bewirken letztlich genau so viel wie Songs voller Wut. Wichtig ist, den Finger in die Wunde zu legen.

Vor zwei Jahren erschien das Duo-Album „Childhood Home“, das der afroamerikanische Sänger zusammen mit seiner Mutter Ellen aufgenommen hatte. Bei der aktuellen Platte und auf der kommenden Tournee arbeitet Harper wieder mit The Innocent Criminals zusammen. Mit dieser Band hat er in den 90er- und in den Nuller-Jahren seine stärksten Alben aufgenommen, wie „Burn To Shine“ und „Both Sides Of The Gun“. 2007 trennten sich die Wege von Frontmann und Begleitband wieder einmal, vor zwei Jahren verabredete man eine erneute Zusammenarbeit. Es ist ähnlich wie bei Neil Youngs langjähriger Band Crazy Horse. Man kennt sich aus dem Effeff, The Innocent Criminals sind die idealen Unterstützer für den geerdeten Sound Harpers und auch beim Hamburger Konzert am 24. September im Mehr! Theater an seiner Seite.

In der Vergangenheit hat der in Claremont (Kalifornien) geborene Künstler immer wieder in unterschiedlichen Stilen gearbeitet. Reggae-König Bob Marley und Jimi Hendrix sind zwei von Harper hochverehrte Künstler, auch Gospelmusik mag er. Aus dieser Liebe entstanden zwei Alben mit den Blind Boys Of Alabama, auch mit dem virtuosen Mundharmonikaspieler Charlie Musselwhite nahm Harper das Blues-Album „Get Up!“ auf, für das er 2014 mit einem Grammy geehrt wurde. Eine Auszeichnung, die für diesen außergewöhnlichen und sympathischen Musiker schon lange fällig war.

Ben Harper & The Innocent Criminals Sa 24.9., 20 Uhr, Mehr! Theater am Großmarkt, Banksstraße 28, Karten ab 39,15 Euro im Vorverkauf und an der Abendkasse