Schon vor dem Instagram-Zeitalter war allgemein bekannt, dass vom Anblick etwa eines dampfenden Bratens ein sinnlicher Reiz ausgeht, vergleichbar mit pornografischen Abbildungen, aber ungleich unschuldiger.

Sinnlichkeit und Unschuld sind wiederum zwei Elemente, die in den Filmen der japanischen Regisseurin Naomi Kawase stets eine wichtige Rolle spielen. In ihrem neuen Film „Kirschblüten und rote Bohnen“ geht die Sinnlichkeit von der süßen Paste aus roten Bohnen aus, mit der in Japan die „Dorayaki“, eine Art Pfannkuchen, gefüllt werden. Sie hilft den drei Hauptpersonen des Films, einer alten, kranken Frau, einem einsamen Strafentlassenen und einer Schülerin, zu ihrer Unschuld beziehungsweise zu sich selbst zurückzufinden.

Die Handlung des Films bildet lediglich das Skelett, dem der ganze Bedeutungsraum von Bohnen-Paste das nötige Fleisch verleiht. Zu den Gästen eines Imbissbetreibers gehören die Schülerinnen eines nahen Gymnasiums, die Geschäfte gehen mäßig. Eines Tages überredet ihn eine alte Frau, nach ihrer Anleitung die Bohnen-Paste zuzubereiten. Die Leute stehen Schlange – bis ein böses Gerücht die Runde macht.

In schwelgerischen Aufnahmen von Natur und Mahlzeiten nähert sich Naomi Kawase hier so schwierigen Themen wie gesellschaftlicher Ausgrenzung, Alter und Tod. Vielleicht nicht nach jedermanns Geschmack, aber auf sehr appetitliche Weise.

„Kirschblüten und rote Bohnen“ Japan 2015,
113 Minuten, ohne Altersbeschränkung, Regie: Naomi Kawase, Darsteller: Kirin Kiki, Masatoshi Nagase, täglich im Passage und im 3001