Luk Perceval erzählt in „Verbannte“ nach James Joyce eine doppelte Dreiecksgeschichte – top besetzt ab 13.12. im Thalia in der Gaußstraße

Manchmal sind zu Ende gehende Intendanzen auch ein Glücksfall. So kommt es nämlich, dass die Inszenierung „Verbannte“ nach James Joyce in der Regie von Thalia-Oberspielleiter Luk Perceval von den Münchner Kammerspielen ab dem 13. Dezember im Spielplan des Thalia Theaters läuft.

Mit vier hochkarätigen Darstellern, den Ensemble-Neuzugängen Marie Jung, Stephan Bissmeier und Kristof Van Boven und einem Musiker erzählt Perceval das einzige Theaterstück des irischen Autors, der den Bewusstseinsstrom erfand. Rein äußerlich ist die Geschichte so einfach wie vertrackt. Zwei lieben sich, doch das Feuer lodert vielleicht nicht mehr ganz so wie zu Beginn. Und plötzlich taucht da ein Dritter auf.

Joyce konstruiert hier sogar eine von Sehnsucht und Verdacht befeuerte doppelte Dreieckskonstellation. Schriftsteller Richard kehrt nach längerem Rom-Aufenthalt nach Dublin zurück und trifft in Bertha eine Liebe von früher. Dann ist da noch ein weiteres Paar, Journalist Robert und Musiklehrerin Beatrice, die nicht nur Cousin und Cousine sind, sondern ein Geheimnis miteinander verbindet und wiederum Richard und Bertha Avancen macht.

Perceval erforscht das Spiel um Nähe und Distanz, Freiheit und Besitzdenken. Wie weit wagt man sich aus der eignen Komfortzone, ohne nahestehende Menschen vor den Kopf zu stoßen. Wie sehr lässt man sich dadurch von der Erfüllung eigener Wünsche und Sehnsüchte abhalten? Richard gibt Bertha scheinbar frei, obwohl er im Dunkeln tappt über ihre tatsächliche Untreue und gibt obendrein selbst den großen libertären Verführer. Frei nach dem Motto, was ich selbst in die Freiheit entlasse, kann mir nicht genommen werden. Ob das aber die Verletzung verkleinert? Verbirgt sich dahinter nicht doch eine umso größere Sehnsucht nach Bindung? Bertha ihrerseits bringt die scheinbare Gelassenheit Richards zur Verzweiflung.

Emotionen sind eine komplizierte Sache und Regisseur Luk Perceval, dieser haargenaue, feinsinnige Gefühlssezierer, dürfte aus dem Stoff eine intensive Theaterinstallation formen. Die wunderbare Bühnenbildnerin Katrin Brack stellt ein um Liebe bettelndes Hundeporträt auf eine leere Bühne. Davor tragen die vier Darsteller ihre Scharmützel wie in einer Familienaufstellung aus. Es dürfte ordentlich zur Sache gehen. Die schrägen Töne, die der Jazz-Musiker Dine Doneff dem Text hinzufügt, dürften ihrerseits zur Spannung beitragen. Ein Stück, bei dem zumindest die Gefahr besteht, das am Ende nur einsame Verlierer zurückbleiben.

James Joyce verarbeitet in „Verbannte“, im Original „Exile“, hier kaum verklausuliert eine persönliche Geschichte und die der Hotelangestellten Nora Barnacle, die er später ehelichte. Und wie in seinem ungleich erfolgreicheren Meisterwerk „Ulysses“ rechnet er mit bürgerlichen Konventionen und Verlogenheiten ab.

„Verbannte“ Premiere So 13.12., 19 Uhr, Thalia in der Gaußstraße (S Altona, Bus 2), Gaußstraße 190, Karten zu 22 Euro unter T. 32 81 44 44