Beziehungen verlieren oft an Schwung und gehen dann in Alltagsroutine über. Bei Josh Scebnick (Ben Stiller) und Cornelia (Naomi Watts) ist das immer noch ganz gemütlich bis aushaltbar. Sie sind in den Vierzigern, glücklich verheiratet, aber der letzte Kick fehlt. Ihre Freunde Fletcher und Marina haben noch ein Kind bekommen, Josh und seine Frau haben sich nach ein paar erfolglosen Versuchen dagegen entschieden. Zumal sie von ihren Freunden zunehmend genervt sind, weil sich alles nur noch um das Baby dreht. Doch dann kommt plötzlich Abwechslung in ihr Leben. Die Fortysomethings lernen das junge Hipsterpaar Jamie (Adam Driver) und Darby (Amanda Seyfried) kennen, und plötzlich fühlen sie sich wieder jung und unbeschwert. Sie lassen sich auf ein schamanisches Ayahuasca-Ritual ein, Darby tanzt Hip-Hop für Fortgeschrittene, Josh trägt plötzlich Hut – wie sein neuer Kumpel – und radelt durch Brooklyn. Man ist mit dem jungen Pärchen ein Herz und eine Seele, weil Jamie und Darby auch so wunderbar „old school“ sind und auf Vinyl und selbstgebaute Möbel stehen.

Ben Stillers Josh ist ein Mann zwischen Versagensangst und Perfektionismus

Noah Baumbach, der bereits mit „Greenberg“ und „Frances Ha“ zwei wunderbare Komödien im amerikanischen Künstler- und Intellektuellenmilieu gedreht hat, beschäftigt sich in „Gefühlt Mitte Zwanzig“ mit dem Generationenkonflikt. Jedenfalls auf den ersten Blick. Doch Baumbach packt noch mehr Themen in seinen Film, und genau das hebt ihn aus der Masse heraus. Bei ihm geht es auch um künstlerische Verantwortung. Josh arbeitet nämlich schon seit acht Jahren an einer anspruchsvollen Dokumentation über einen etwas rätselhaften Philosophen.

Auch Jamie ist an Film interessiert und startet mit Josh und Cornelias Hilfe – sie ist Produzentin und Tochter eines berühmten Filmemachers – sein eigenes Projekt. Allerdings nimmt er es bei seiner Doku mit der Wahrheit nicht so genau, für ihn ist Kunst Mash-up, also eine collagenhafte Kombination von Inhalten. Hauptsache, das Thema zündet und sichert ihm Aufmerksamkeit.

Mit zunehmender Dauer wird deutlich, dass Jamie ein Egoist und Opportunist ist, und so kehren sich die Sympathien bald gegen den coolen Hipster. Joshs kleine Neurosen lassen ihn immer sympathischer werden. Ben Stiller, der schon in „Greenberg“ die Hauptrolle innehatte, spielt Josh als modernen Mann zwischen Versagensangst und Perfektionismus. Einerseits ist er unsicher in seiner Arbeit, andererseits behält er seine klare Haltung bei und wird so zum moralischen Sieger in diesem Generationen-Clash. Naomi Watts versteht es gleichfalls, den Zwiespalt zwischen der Faszination des Neuen und der Besinnung auf ihr „altes“ Leben auszudrücken. Manchmal reicht ein Blick, um ihre Verachtung oder ihr Unverständnis für eine neue Mode auszudrücken.

Adam Driver (bekannt aus der TV-Serie „Girls“ und auch bei „Frances Ha“ dabei) gibt den Jamie als durchaus liebenswerten Schluffi, der mit Leichtigkeit durch Leben und sein Loft segelt und dem seine manipulative Ader gar nicht bewusst zu sein scheint.

„Gefühlt Mitte Zwanzig“ besticht durch seine witzigen Dialoge und grotesken Szenen, seine überragende Schauspielerbesetzung und eine raffiniert erzählte Geschichte. Noah Baumbach wollte eine Komödie im Stil von Woody Allen und Mike Nichols drehen, das ist ihm gelungen.

„Gefühlt Mitte Zwanzig“ USA 2014, 97 Minuten, ohne Altersangabe, Regie: Noah Baumbach, Darsteller: Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver, Amanda Seyfried, täglich im Abaton und im Holi