Eine Glosse von Nico Binde

Man muss schon Tomaten auf den Augen haben, um im Herbst nichts Schönes zu erkennen. Denn der Herbst ist golden, der Herbst ist gut. Das kann man nicht übersehen. Nur er vermag es, uns die Vergänglichkeit allen Seins als sympathische, bunte Blätterhaufen vor die Füße zu werfen. Nur er kann die Sonne dimmen, nur er bringt verhedderte Drachen in kahlen Baumkronen ans Licht. Und nur im Herbst, das ist vielleicht das wichtigste an dieser Stelle, wird die lange Nacht der Industrie angeboten.

Nach der langen Nacht der Museen, der langen Nacht der Wissenschaft, der langen Nacht der Kirchen und der langen Nacht der kaukasischen Hütehunde ist die lange Nacht der Industrie die beliebteste unter den langen Hamburger Nächten. Nur am 8. November öffnen unter der Schirmherrschaft von Verkehrs-, Wirtschafts- und Industriesenator Frank Horch die freundlichen Aluminiumschmelzen in der Nachbarschaft ihre Werkstore. In 25 Unternehmen heißt es für eine Herbstnacht "Industrie live erleben". Stanz dich durch! Näh dich rein!

In der dunklen Jahreszeit ist es natürlich nicht einfach, den Überblick zu behalten. Darum ist die lange Nacht der Industrie besucher- und gewerkschaftsfreundlich angelegt, sie dauert von 17 bis 22 Uhr. Menschen, die nachts ihre Industriebetriebe vorstellen müssen, obwohl sie den Saftladen schon tagsüber satt hatten, wollen eben auch mal nach Hause. Außerdem verzichten die Macher auf die Präsentation von schlapp herunterhängenden Industriezweigen. Im Herbst könnte das falsch verstanden werden. Es lebe das goldene Image!

Kleiner Trost für alle anderen: Im Frühling und Sommer geht es weiter. Die langen Tage der offenen Tür kommen bestimmt. Ganz bestimmt.