Allein in zeitlicher Hinsicht halte ich eine solche Eignung für ausgeschlossen
HSV-Finanzvorstand Frank Wettstein zur Wahrscheinlichkeit von baldigen Anteilsverkäufen
Dies bestätigt Wettstein nun auch auf der clubeigenen Homepage: „Die Fragen zu weiteren Kapitalerhöhungen und Anteilsverkäufen sowie die mediale Berichterstattung hierüber nehmen seit Ausbruch der Corona-Pandemie spürbar zu. Offensichtlich werden solche Maßnahmen als naheliegende Lösung zur Bewältigung der finanziellen Herausforderungen eingestuft. Allein in zeitlicher Hinsicht halte ich eine solche Eignung für ausgeschlossen, denn nur durch eine Ermächtigung zu weiteren Kapitalerhöhungen fließen noch keine Mittel in einen Club“, sagt Wettstein, der sich intern immer dafür ausgesprochen hatte, die Fans auf einer Mitgliederversammlung erst über die Möglichkeit einer Aufweichung der 24,9-Prozent-Grenze abstimmen zu lassen, wenn es einen Partner in der Hinterhand gibt.
Aber: „Investoren stehen im gesamten Profifußball in diesen Zeiten nicht wartend in einer Schlange vor den Stadien. Es gab zwar in der Zeit nach dem Abstieg ein konkretes Angebot eines ausländischen Investors, aber in diesem Fall hätte ich mir nicht vorstellen können, dass die Zusammenarbeit zu einer nachhaltigen Entwicklung des HSV positiv eingewirkt hätte.“
HSV erhielt einen Korb von der Telekom
Auch mit der Telekom hatten die Verantwortlichen des HSV kurz über die theoretische Möglichkeit eines Anteilsverkaufs gesprochen, sich aber direkt einen Korb eingehandelt. Ohnehin verweist Wettstein nun darauf, dass gar nicht er, sondern das Vereinspräsidium bei diesen Fragestellungen das Heft des Handelns in der Hand hätte: „Die Frage zur Einbindung weiterer Gesellschafter wird intern in den Gremien und insbesondere zwischen Gesellschaftern seit dem Beschluss der Mitgliederversammlung zur Festschreibung der 24,9-Prozent-Grenze in der AG-Satzung und damit weit vor dem Ausbruch der Pandemie diskutiert. Da bin ich gar nicht entscheidend involviert und ich muss es auch nicht, denn solche Entscheidungen obliegen ausschließlich den Gesellschaftern.“
Das Problem: Das Präsidium des HSV e. V. ist sich uneinig – sowohl bei der Frage der 24,9-Prozent-Grenze als auch bei so ziemlich allen anderen entscheidenden Zukunftsfragen. Auf der einen Seite steht Präsident Marcell Jansen, auf der anderen Seite Vize Thomas Schulz und irgendwo dazwischen Schatzmeister Moritz Schaefer. Und weil es innerhalb des Präsidiums kein einheitliches Meinungsbild gibt, halten die AG-Chefs sowohl einen Anteilsverkauf über die 24,9-Prozent-Grenze als auch eine für sinnvoll bewertete Rechtsformänderung kurz- bis mittelfristig für ausgeschlossen.
HSV: Abwahlanträge für Jansen und Schulz?
„Ich habe vor fast zwei Jahren die Frage nach der für den HSV geeigneten Rechtsform in die Diskussion eingebracht, ohne auch hierzu nach einer ersten Erörterungsphase im intensiven Dialog zu stehen“, sagt Wettstein. „Wie ich den HSV kennengelernt habe, halte ich es für ausgeschlossen, dass die HSV Fußball AG ohne Vorgaben der Mitgliederversammlung frei über die Auswahl neuer Gesellschafter entscheiden kann.“
Die wahrscheinlichste Variante: Auf der ins Frühjahr verschobenen Mitgliederversammlung dürfte es zunächst einmal Abwahlanträge für Jansen und Schulz geben. Der Sieger aus diesem Richtungsstreit könnte sich dann bis zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung (möglicherweise im Sommer) um die Neu-Besetzung des Präsidiums kümmern. Da auf der ordentlichen Mitgliederversammlung 2022 Aufsichtsratswahlen anstünden, wäre eine angedachte Rechtsformänderung (mit anschließendem Anteilsverkauf) frühestens 2023 wahrscheinlich. Wettsteins Schlusswort kurz vor Weihnachten: „Auf Dauer wird sich der HSV dieser Diskussion jedoch nicht entziehen können, ohne im Wettbewerb abgehängt zu werden.“