Hamburg . Der Personalschlüssel für Krippenkinder in den Hamburger Kitas ist miserabel. Aber es gibt auch eine gute Nachricht.

Louis möchte ein Buch vorgelesen bekommen, Ida muss gewickelt werden, Ben und Marta streiten in der Sandkiste: In Hamburg muss sich eine Fachkraft durchschnittlich um 5,1 Krippen- oder 8,7 Kindergartenkinder kümmern. Bundesweit ist eine Fachkraft im Durchschnitt für 4,3 Krippen- oder 9,3 Kindergartenkinder zuständig. Damit hat Hamburg trotz starker Verbesserungen nach wie vor den schlechtesten Personalschlüssel für Krippenkinder in den alten Bundesländern. Das geht aus dem „Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung hervor.

Besser sieht der Personalschlüssel für Kinder ab drei Jahren aus. Dieser sei laut Studie hinter Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein der bundesweit fünftbeste. Und es gibt noch eine gute Nachricht: Insgesamt gibt es in den Hamburger Kindertageseinrichtungen immer mehr Erzieher.

Erzieherin sollte höchstens drei Krippenkinder betreuen

2012 kamen in Hamburg auf eine Erzieherin noch 5,7 Krippen- beziehungsweise 9,4 Kindergartenkinder. Trotz dieser Verbesserungen habe der Stadtstaat ähnlich wie die meisten anderen Bundesländer noch immer keinen pädagogisch sinnvollen Wert erreicht. Nach den Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung sollte sich eine Erzieherin um höchstens drei unter Dreijährige oder 7,5 Kindergartenkinder kümmern.

Zudem falle das tatsächliche Betreuungsverhältnis im Kita-Alltag ohnehin ungünstiger aus als der rechnerisch ermittelte Personalschlüssel. Laut Studie verbringen Erzieherinnen mindestens ein Viertel ihrer Zeit mit Team- und Elterngesprächen, Dokumentation und Fortbildung. Längere Betreuungszeiten sowie längere Öffnungszeiten der Kitas wirken sich zudem zunehmend negativ auf die Betreuungsrelationen aus, wenn diese nicht durch zusätzliches Personal abgedeckt werden können „Der Kita-Besuch allein verbessert nicht die Bildungschancen der Kinder. Es kommt auf die Qualität der Angebote an“, sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung.

In Hamburg seien 3600 zusätzliche Erzieher notwendig

In Hamburg besuchen 39 Prozent der unter dreijährigen Kinder und 97 Prozent der drei- bis unter sechsjährigen Kinder eine Kindertageseinrichtung. Um die Personalschlüssel in Hamburg auf das von der Stiftung empfohlene Niveau zu heben, seien zusätzlich 3600 Erzieher erforderlich.

"Dieses Personal kostet nach Berechnungen der Stiftung jährlich rund 156 Millionen Euro", heißt es in einer Mitteilung der Bertelsmann Stiftung. Das wäre verglichen mit den derzeitigen Personalkosten in Höhe von 377 Millionen Euro ein Anstieg von 41 Prozent. Die Akteure im Kita-System müssten sich auf kindgerechte Standards für die Personalausstattung verständigen, so Dräger. "Deren Finanzierung erfordert eine gewaltige Kraftanstrengung, die von Bund, Ländern, Kommunen, Trägern und Eltern nur gemeinsam zu stemmen ist.“

Für die CDU ist das Ergebnis ein "Armutszeugnis"

Optimistisch zeigte sich Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). „Die Ergebnisse der Bertelsmann Stiftung bestärken uns darin, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen", sagte sie am Mittwoch. "Ziel ist es, mittelfristig eine Verbesserung des Fachkraftschlüssels im Krippenbereich auf 1:4 zu erreichen." Diese Qualitätsverbesserung werde in einem mehrjährigen Prozess schrittweise umgesetzt. Leonhard: "Hierzu sind hohe finanzielle Leistungen Hamburgs, aber auch eine Beteiligung des Bundes sowie ein Qualitätsbeitrag der Kita-Träger erforderlich."

Weniger positiv fiel die Reaktion bei der CDU-Bürgerschaftsfraktion aus. Es habe überhaupt keine Verbesserungen im Krippenbereich gegeben, sagte der CDU-Abgeordnete Philipp Heißner. Wie schon im vergangenen Jahr liege der Hamburger Personalschlüssel im Krippenbereich bei kläglichen 5,1. „Das ist ein absolutes Armutszeugnis für die rot-grüne Familienpolitik und ein Schlag ins Gesicht der beteiligten Träger, die im Gegenzug zu den versprochenen Verbesserungen auf viel Geld verzichtet haben“, sagte Heißner.

Linke kritisieren, dass Eltern und Träger getäuscht worden seien

Kritik übte auch die Linken-Bürgerschaftsfraktion. „SPD und Grüne haben Eltern und Träger getäuscht“, sagte der Linken-Abgeordnete Mehmet Yildiz. "Trotz festgeschriebener Vereinbarungen ist der Senat keinen Schritt vorangekommen, obwohl Finanzmittel aus dem Betreuungsgeld sowie erhöhte Steuereinnahmen bereitstehen und ihm die Träger weit entgegengekommen sind." Die vollmundigen Versprechen seien nichts als hohle Worte geblieben.

Die FDP findet ebenfalls klare Worte: "Das ist vor allem ein schlechtes Zeugnis für das letzte Jahr des vormaligen SPD-Senats, der ein ganzes Jahr vertrödelt und nichts für die Verbesserung der Situation unternommen hat", monierte der familienpolitische Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Daniel Oetzel. Rot-Grün klammere sich nun an ihr Versprechen, dass ab April 2015 alles besser geworden sei. "An diesen Aussagen muss sich Familiensenatorin Leonhard im kommenden Jahr messen lassen."