Berlin/Río de Janeiro. Wegen der Zika-Epidemie raten 150 Forscher dazu, die Sommerspiele zu verschieben. Die Weltgesundheitsorganisation beschwichtigt.

Die Diskussion um die Gefahren durch das Zika-Virus im Olympia-Austragungsort Rio de Janeiro hat sich durch einen offenen Brief von mehr als 150 Gesundheitsexperten verschärft. Die Fachleute plädierten für die räumliche oder zeitliche Verschiebung der Olympischen Spiele. Sogar eine Absage schlossen sie nicht aus.

In dem am Freitag veröffentlichten Schreiben an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf warnen die Experten vor globalen Gesundheitsrisiken. Eine halbe Million Besucher der Spiele könnten in Rio angesteckt werden und die Krankheit mit in ihre Heimatländer bringen, hieß es darin.

Die WHO wies diese Bedenken zurück: Es bestehe keine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit, die die Verschiebung oder Absage der Olympischen Spiele rechtfertige, teilte die Organisation in der Nacht zum Sonnabend mit. Auch würde eine solche Entscheidung „die internationale Ausbreitung des Zika-Virus nicht signifikant“ beeinflussen, schließlich sei Brasilien nur eines von fast 60 Ländern und Gebieten, aus denen Übertragungsfälle durch Moskitos gemeldet würden - und zwischen denen reger Reiseverkehr herrsche.

Deutscher Zika-Experte reagiert skeptisch

Auch der deutsche Zika-Experte Jonas Schmidt-Chanasit reagierte skeptisch auf die Forderungen. Unter den Verfassern des Briefes „ist kein namhafter Virologe oder Zika-Experte“, sagte Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin am Sonnabend. Man müsse mit solchen Forderungen sehr vorsichtig sein.

Der Deutsche Olympische Sportbund setzt auch künftig auf Information und Prävention. „Die erste Zika-Information wurde hier im September 2015 veröffentlicht, erst Ende April wurde das letzte Update beim Olympia-Vorbereitungsseminar der deutschen Mediziner und Physiotherapeuten durchgeführt“, teilte der DOSB am Sonnabend mit. Anfang Juni werde es weitere aktualisierte Informationen geben.

Das aktuelle Mittel zur Vorbeugung sei der Insektenschutz. „Dieses Vorgehen hat auch den Vorteil, dass neben der Zika-Prävention auch den aus medizinischer Sicht eher noch problematischeren Dengue- und Chikungunya-Erkrankungen vorgebeugt wird“, heißt es in der Mitteilung. Das deutsche Olympia-Team werde mit dem Mückenschutzmittel „Anti-Brumm“ ausgestattet.

Der besonders in Brasilien verbreitete Zika-Virus kann unter anderem schwere Schädelfehlbildungen bei Babys auslösen. In dem Brief empfehlen die Wissenschaftler, die WHO solle eine unabhängige Expertengruppe aufstellen, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) zu den Risiken der Zika-Verbreitung beraten könne. Diesen Schritt nicht zu tun, wäre aus ihrer Sicht unverantwortlich.

Zu den Unterzeichnern gehören 151 Experten von Universitäten und Gesundheitszentren in 29 Ländern. Verfasst wurde der Brief von Amir Attaran von der Universität Ottawa, Arthur Caplan und Lee Igel von der Universität New York und Christopher Gaffney von der Universität Zürich.