Hamburg. Neue Spielzeit dreht sich um Flüchtlinge, Anschläge, Islamisten, Rechtspopulisten und Europa. Intendant kämpft mit Finanzierungslücken.

Umbrüche, Klassiker und Konflikte - der neue Spielplan des Hamburger Thalia-Theaters zeigt aktuelle Brüche in der Gesellschaft mit zeitgenössischen Stücken und klassischen Werken. „Wir sind nicht für Konsenskultur zuständig“, sagte Thalia-Intendant Joachim Lux am Freitag. „Eher für das Gegenteil. Wir sollen auf Konflikte und Risse hinweisen.“ Insgesamt sind für die Spielzeit 2016/17 je drei Uraufführungen im Großen Haus und auf der Bühne in der Gaußstraße geplant.

Die kommende Spielzeit beginnt mit einer Doppelpremiere der Dramatiker Jelinek und Stephens. Eineinhalb Jahre nach den islamistischen Anschlägen auf die Pariser Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt kommt am 16. September Elfriede Jelineks „Wut“ auf die Bühne. Quasi als Ergänzung stelle der englische Dramatiker Simon Stephens der „Wut“ seine „Rage“ als Uraufführung an die Seite, kündigte Lux an. Regie führt Sebastian Nübling. „Wut“ der Literaturnobelpreisträgerin Jelinek wird an diesem Sonnabend an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt.

Ein Stück "sprengt den Rahmen"

Neben dem Thema der Flüchtlinge werde das Theater auch den daran offenbar gewordenen europäischen Dissens thematisieren, sagte Lux. „Es geht um Europa und ob es auseinanderbrechen könnte.“ Eines der Stücke ist „Erschlagt die Armen!“ nach dem Roman von Shumona Sinha. Die 1973 in Kalkutta geborene Autorin hat darin ihre Erlebnisse als Dolmetscherin einer französischen Asylbehörde verarbeitet. Es erzählt, wie die Flüchtlinge Notlügen erfinden, um Asyl zu bekommen. Hier kommt es in der Regie von Anne Lenk als Uraufführung auf die Bühne (Gaußstraße).

Eine weitere Uraufführung ist „Schere Faust Papier“ von Michel Decar. „Es ist ein Stück, das den Rahmen sprengt“, sagte Chefdramaturgin Julia Lochte. „Es will nämlich die ganze Menschheitsgeschichte an einem Abend erzählen.“ Regie führt Ersan Mondtag. Regisseurin Jette Steckel inszeniert Nino Haratischwilis Jahrhundertepos „Das achte Leben (Für Brilka)“.

Dazu kommt mit „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“ die dritte Fallada-Inszenierung von Luk Perceval. Perceval inszeniert auch „Geld“ nach Emile Zola und zeigt darin, was Gier mit den Menschen macht. Dazu passt auch Dostojewskis „Der Spieler“ (Regie: Jan Bosse).

Zuschüsse für das Theater sinken

Kritisch äußerte sich Lux zur Finanzierung des Theaters. Das Geld sei knapp, die angekündigten Kürzungen „kann man nicht mehr wegschwitzen“. Der Umfang der Produktionen werde aber nicht gekürzt.

Derzeit werde das Thalia Theater jährlich mit 19 Millionen Euro unterstützt, sagte Verwaltungsdirektor Heinz-Werner Köster. Der Zuschuss soll in der kommenden Spielzeit um 218.000 Euro sinken, in der darauffolgenden um 354.000 Euro und 2018/19 dann um weitere 418.000 Euro. Dazu komme die offene Frage, welcher Anteil der Tariferhöhungen ausgeglichen werde. Der Kostendeckungsgrad liege stabil bei 27 Prozent. Stabil sind auch die Zuschauerzahlen mit 270.000 bis 280.000 Besuchern je Spielzeit.