Von ELISABETH JESSEN

Lauingen - Der Täter kam wieder in der Dunkelheit. Sechs Tiere hat ein unbekannter Pferdemörder in der Nacht zum Sonntag in Lauingen bei Königslutter (Landkreis Helmstedt) erstochen, darunter zwei trächtige Stuten sowie ein halbjähriges Fohlen.

"Ich weiß nicht, was in so einem vorgeht, ich kann es mir einfach nicht vorstellen", sagt Manuela Albrecht fassungslos und blickt auf die Blutflecken im Gras. Ihr gehörten drei der getöteten Pferde: eine 22 Jahre alte Stute, die seit 18 Jahren in ihrem Besitz war, eine Pony-Stute und ein Stutfohlen.

Der Tatort: zwei nebeneinander liegende Weiden etwa einen Kilometer nördlich von Lauingen. Auf der einen Weide mussten alle vier Pferde sterben, auf der daneben liegenden tötete der Unbekannte zwei Tiere, drei ließ er unverletzt. Ganz in der Nähe ist ein Waldparkplatz, der tagsüber gerne von Joggern und Spaziergängern benutzt wird.

"Ich wollte es nicht glauben. Man geht immer davon aus, dass so etwas nur anderen passiert", sagt die 35-Jährige. Seit sechs Jahren betreibt sie einen kleinen Reiterhof und bildet Tiere aus. Ihr Schwiegervater entdeckte die toten Pferde am frühen Sonntagmorgen bei einem Kontrollgang. Dass es Albrechts Tiere erwischte, war ein teuflischer Zufall: "Wir haben die Tiere erst am Sonnabend um 17 Uhr auf die Koppel gebracht", sagt sie. Diese Weide habe sie schon seit Juni nicht mehr genutzt.

Das Landeskriminalamt (LKA) in Hannover, das die Ermittlungen leitet, geht davon aus, das die schreckliche Tat erneut auf das Konto eines Serientäters, des so genannten "Pferderippers" geht. Ihm werden mehrere, teils bestialische Pferdemorde angelastet. Allein 1999 soll er 14 der insgesamt 18 in Niedersachsen auf der Weide getöteten Pferden abgeschlachtet haben - immer im Dreieck der Städte Peine, Gifhorn und Burgwedel.

Die Tat vom Wochenende ist nach Ansicht der Kripo die erste in dieser Serie in diesem Jahr. Nachdem Pferdebesitzer in der Region im vergangenen Jahr mit Streifengängen um ihre Koppeln begonnen hatten, trat der Serientäter nicht mehr in Erscheinung. "Wir glauben, dass er in Brandenburg weitergemacht hat und nun nach Niedersachsen zurückgekehrt ist", sagt LKA-Sprecher Detlef Ehrike. Auch diesmal stach der Unbekannte den Pferden mit einem spitzen Gegenstand in Hals und Körper. Die genaue Art der Verletzungen will die Polizei nicht bekanntgeben: Aus Furcht, Nachahmungstäter zu animieren. Das genaue Tatwerkzeug ist noch nicht bekannt. Von der Obduktion in der Tierärztlichen Hochschule Hannover erhofft sich die im vergangenen Jahr gegründete "Ermittlungsgruppe (EG) Pferd" des Landeskriminalamtes weitere Hinweise.

Die Kripo sucht nun Zeugen, die in der Nacht zum Sonntag oder auch in den Tagen davor etwas Verdächtiges in der Umgebung bemerkt haben. "Vielleicht ist jemandem ein Auto mit ortsfremdem Kennzeichen aufgefallen", hofft Ehrike auf Hinweise aus der Bevölkerung.

Die "EG Pferd" geht nach Angaben von Ehrike davon aus, dass es sich um einen reisenden Täter handelt, einer der viel herumkommt und bei dieser Gelegenheit die späteren Tatorte ausspäht. "Vermutlich handelt es sich um einen Einzeltäter und um einen Menschen, der sich gut mit Tieren auskennt." Das Motiv liege im Dunkeln: "Das wäre Kaffeesatzleserei", sagt der LKA-Sprecher, "es könnte auch jemand sein, dessen Freundin durch einen Hufschlag getötet wurde. Alles ist möglich."

Für Manuela Albrecht steht anhand der Verletzungen, die der Täter ihren Pferden zugefügt hat, fest, "dass der nicht im Blutrausch gehandelt hat". Dafür seien die Schnitte und Stiche zu gezielt gewesen. "Der will die Besitzer quälen." An einen persönlichen Racheakt glaubt sie nicht: "Die Tiere sucht er sich völlig wahllos aus." Wohl danach, wie er nach der Tat am besten fliehen kann, ist sie überzeugt. Und da habe er die Weiden, die nahe der Autobahnanschlussstelle Königslutter liegen, gut gewählt.

Die 35 Jahre alte Pferdeliebhaberin will ihre verbliebenen Tiere auch in Zukunft nachts auf den Weiden lassen: "Die gehören nach draußen", sagt sie. Und im Stall seien die Pferde auch nicht sicher, "da wagt er sich auch ran, das hat man in der Vergangenheit ja gesehen."