Von HOLMER STAHNCKE

Ost-West-Straße und Stresemannstraße - für viele Hamburger Synonyme für stockenden Verkehr und Autokolonnen. 60 000 Fahrzeuge quälen sich Tag für Tag über die Ost-West-Straße, 24 000 über die Stresemannstraße. Viele nutzen die Straßen als Tangente von der A 1 zur A 7 und umgekehrt. Die Stresemannstraße kam auch durch tödliche Unfälle in die Schlagzeilen: Nachdem ein neunjähriges Mädchen im August 1991 überfahren worden war, setzten die Anwohner ein Tempo-30-Limit und für den Privatverkehr die partielle Verengung auf eine Spur durch. Das Verkehrsaufkommen sank daraufhin von 42 000 auf den heutigen Stand von 24 000 Fahrzeugen. Doch die verpesten nach wie vor die Luft. Der aktuelle Wert des Reizgases Stickstoffdioxid, das die Atemwege negativ beeinflussen kann, liegt mit 56 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft über dem EU-Grenzwert.

Entlastung wollen die Verkehrsexperten von Baubehörde und Handelskammer mit der so genannten "Hafenquerspange" herbeiführen - gearbeitet wird daran seit zehn Jahren. Immerhin: Die Planungsunterlagen waren bis zum 2. März 2000 öffentlich in den betroffenen Bezirks- und Ortsämtern einzusehen, damit das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen werden kann.

Die Querspange soll die beiden Autobahnen südlich des Hafens miteinander verbinden. "Ich bin zuversichtlich, dass sie gebaut wird", sagt Reinhard Wolf, der in der Handelskammer Hamburg für den Geschäftsbereich Verkehr verantwortlich ist. Die Hafenquerspange südlich des Hafengebiets würde rund sieben Kilometer lang werden und als Autobahn 252 das Bundesautobahnnetz ergänzen.

Ungewiss ist allerdings die Finanzierung. Mit 850 Millionen Mark würde die Hafenquerspange ein teures Stück Autobahn werden. Man müsse abwarten, so Wolf, ob das Bauministerium in Berlin die entsprechenden Mittel für den neuen Autobahnbau bereitstellt. Angelika Mertens, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sagt: "Im Bundesverkehrsministerium wird auch über eine Privatfinanzierung von Projekten wie der Hafenquerspange nachgedacht." Abgesehen davon spekulieren die norddeutschen Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen darauf, dass die ursprünglich für den Transrapidbau vorgesehenen Mittel mindestens in Teilen für den Ausbau der Infrastruktur in Norddeutschland erhalten bleiben.

"Dann hätte das enttäuschende Ende des Transrapid-Projektes immerhin ein Gutes", so Reinhard Wolf. Schließlich gebe es eine positive wirtschaftliche Entwicklung im Hamburger Hafen. Dort seien neue Güterverkehrszentren im Entstehen, die vernünftig an die Bundesverkehrsstraßen angeschlossen werden müssten. "Wir brauchen die Hafenquerspange in erster Linie für die Güterverkehre im Hafen", betont Wolf. "Hier muss schnell gehandelt werden." Hamburg könne als Stadtstaat seine Interessen in Berlin zwar nicht mit der Wucht eines bevölkerungsreichen Flächenstaates durchsetzen, aber er erkenne bei vielen Verantwortlichen doch Verständnis für die Hamburger Belange.

Aus Sicht der Handelskammer wird eine nicht mehr hinzunehmende Überlastung der Ost-West-Straße erst mit der zunehmenden Nutzung der HafenCity eintreten - und darüber könnten noch zehn bis zwanzig Jahre verstreichen. Daher würden die Baumaßnahmen, die den durch die HafenCity verursachten Verkehr auffangen sollen, noch rechtzeitig beginnen können - selbst wenn die benötigten Bundesmittel erst nach der Fertigstellung der vierten Elbtunnelröhre im Jahr 2002 fließen würden.

Die Baubehörde geht von einem Baubeginn der Hafenquerspange in fünf Jahren aus. Der Bau selbst soll dann noch einmal fünf bis sechs Jahre in Anspruch nehmen. Die derzeitige Trassenführung sieht folgendermaßen aus: Von der Autobahnabfahrt Waltershof über eine neu zu bauende Köhlbrandbrücke, die parallel zur vorhandenen Brücke führt, bis zur Umgehung Veddel in Höhe Wilhelmsburger Reichsstraße. Am Travehafen ist dann eine Anschlussstelle für den Ferngüterverkehr geplant.