Die Hamburger Stadtteile und der deutsche Schlager hatten in der Vergangenheit nichts miteinander zu tun. Doch am 3. Januar 2000 soll sich das ändern. Dann wird die neu gestaltete NDR Hamburg-Welle 90,3 mit folgenden Slogans werben: "Ich will 'nen Cowboy aus Hamm", "Marmor, Stein und Eidelstedt" oder "Ein Bett in Bramfeld".

Mit dem neuen Jahrtausend verabschiedet sich die NDR Hamburg-Welle von jener "melodiösen Pop- und Oldiemusik", die das Programm bisher gekennzeichnet und nach Marktanteilen auf Platz 5 der Hamburger Radioliste gebracht hat. Künftig wird 90,3, so erklärte gestern Wellenchef Rüdiger Knott, auf der Barkasse "Alsterschipper", ein "Schlager- und Oldieprogramm".

Etwa 60 Prozent der Musik würden dann aus deutschen Schlagern bestehen, Lieder von Andy Borg, Claudia Jung oder Wolfgang Petry; die anderen 40 Prozent setzen sich aus Oldies, Instrumentalstücken und aus norddeutscher Musik zusammen. Nur volkstümliche Musik wird es auch weiterhin nicht geben. "Hamburg hat damit wieder ein Programm für die vielen Fans deutschsprachiger Musik", so der neue 90,3-Musikchef Michael Schreiber.

Mit dieser Änderung nähert sich 90,3 den anderen NDR 1 Landeswellen mit ihren durchaus erfolgreichen DOM- (Deutsch-Orientierte Musik) Programmen an. Ob Welle Nord oder Radio Niedersachsen - beide setzen seit langem auf die Kombination von Information und Schlager. Und seit das sehr quotenverwöhnte Alsterradio sich Mitte des Jahres von deutschen Liedern gänzlich verabschiedete, wurde diese Zielgruppe von 500 000 potenziell interessierten Hörern (so eine Allensbacher Analyse) von Hamburger Sendern nicht mehr bedient. Schon damals kündigte Dagmar Reim, die Direktorin des Landesfunkhauses Hamburg an, dass es in dem Stadtradio 90,3 "mehr deutsche Titel geben" werde. Jetzt möchte man mit Schlagern eine Quote von "deutlich über zehn Prozent" (Reim) erreichen.

Die Hamburg-Orientierung will bei 90,3 dennoch niemand aufgeben, im Gegenteil. "Kein anderes Radio berichtet so ausführlich über das Tagesgeschehen in der Hansestadt wie 90,3", sagte Reim. "Wir wollen noch mehr Reporter losschicken", wünschte sich Knott. Deutlicher als bisher soll gesendet werden, was die Hörer, nicht was die Moderatoren interessiert. Vor allem für die Hörerwünsche wurden deshalb zusätzliche Sendeplätze geschaffen.

Die Moderationen sollen im nächsten Jahrtausend anmutiger, der Service-Gedanke soll gestärkt werden. Etwa 70 Prozent der Sendezeit werden dann am Morgen aus Musik bestehen. Die Stunde "Im Gespräch" (10.05 Uhr) wird es nicht mehr geben, Monothematik und Morgenstunde vertragen sich angeblich heute nur noch schlecht. Die Themensendungen werden in den Abend verlegt - und dort wird man dann "noch mehr Wort und mehr Talk" (Knott) hören können. In "Hamburg nach sieben" (19 bis 21 Uhr) ist täglich Zeit für Computer oder Garten, Tiere oder Sport, Radiobasar oder Politik; das Wort/Musik-Verhältnis beträgt dann 50/50. Jeden Dienstagabend gibt es (neu) einen "Brennpunkt Hamburg" (19.05 Uhr). Die Country-Hitparade von Andres Ellermann (sonntags, 18.05 Uhr) gab es bisher bei 90,3 nicht. Auch die Wiederbelegung der Comedy-Figur "Paula Kessler" (8.45 Uhr) gehört zur Neuformatierung.

Anders als bisher soll die Musik von 0 bis 24 Uhr ein Klangbild haben. Auf Altbewährtes wie das "Hafenkonzert" oder "Wi snackt platt" wird nicht verzichtet. Die Welle 90,3 will ein "Programm mit Hamburger Lebensgefühl" (Knott) bleiben - und doch ganz neu und lustbetont werden. HANS-JÜRGEN KRUG