str Hamburg - Es war schon weit nach Mitternacht, da tanzten in der Disco "J's" im Bunker an der Feldstraße Party-People zu Dance Classic, während über eine Großbildleinwand noch einmal die Bilder vom Football-Finale flimmerten. Ich bin im falschen Film, hätten sicher viele der Blue Devils gedacht - und blieben der als Siegesfeier geplanten "Jim Beam Celebration Night" fern.

Stunden zuvor war der Traum vom vierten Europacup-Triumph in Folge für die Blauen Teufel nach dem 23:27 (14:6) gegen die Braunschweig Lions geplatzt. Kein Hamburger, sondern Wulf von Borzyskowski stemmte das goldene Ei, die Trophäe der Ford Eurobowl XIII, in die Höhe. Nach 14:23-Rückstand hatten seine beiden Touchdown-Pässe auf Jon Horton den Lions den Titel beschert - eine Entscheidung 25 Sekunden vor Schluß.

"Es war noch nie so leicht, Braunschweig zu schlagen", ärgerte sich Devils-Paßempfänger Max von Garnier, der 117 Yards verbuchte. Denn außer auf den britischen Quarterback Adrian Rainbow mußten die "Löwen" auf Running Back Matt Riazzi (USA) verzichten. "Wir hatten nichts zu beweisen", meinte Braunschweigs US-Head-Coach Kent Anderson. "Wenn ein Team fünf Minuten vor Schluß 14:23 zurückliegt und zurückkommt, dann ist das nicht Glück, dann ist das eine gute Mannschaft."

Devils-Quarterback Dino Bucciol, der im dramatischen, spielerisch aber sehr durchwachsenen Finale mehr als Läufer (52 Yards) denn als Paßgeber gefiel, kommentierte: "Einer Mannschaft wie Braunschweig kannst du einfach keine Luft lassen." Zudem kam US-Running-Back Donte Womack gegen die Löwen-Abwehr mit 89 Yards in 17 Versuchen längst nicht so weit wie gegen schwächere Teams.

"Wir konnten den Ball nicht fangen und konnten nicht tackeln", nannte Head Coach Chris Meritt zwei Mankos. "Am Ende wurden die Fehler brutal ausgenutzt", sagte Linebacker Matthias Ude. Vom Gastspiel mit Ole Meine beim NFL-Europe-Team Düsseldorf Rhein Fire hatten die beiden zwei neue Trainer mitgebracht: Die NFL-erfahrenen Jeff Reimbold (Special Team) und Mike Jones (Paßspiel) ergänzten den teuflischen Trainerstab.

Unter den Coachs und den US-Spielern hat es bei den Devils in 18 Monaten (zu) viel Fluktuationen gegeben. Wahrscheinlich, daß noch einmal auf dem US-Spielermarkt nachgebessert wird - allein schon, um den Lions Paroli bieten zu können. Devils-Chef Axel Gernert: "Braunschweig hat sportlich die Nase einen Tick vorn."

Mehr noch: Die Löwen haben die Teufel fast schon zum Fressen gern. Zum drittenmal in Folge verloren die Hamburger gegen Braunschweig. Zwar gelten die Lions noch immer als ein Verein, der sich die Stars kauft, jedoch stehen die Amerikaner Horton, Riazzi sowie Estrus Crayton bereits für Kontinuität in einem Team mit Spirit. Und sollte der zweimalige Deutsche Meister auch am 9. Oktober im Volksparkstadion siegen, hätten die Lions wie die Devils einen "Threepeat" gelandet - jedoch in der wertvolleren German Bowl statt in der Eurobowl. Punkte: Devils: Bruce Reid (6), von Garnier (6), Womack (6), Kicker Timo Erbs (3) plus ein Safety (2); Lions: Crayton (14), Horton (12) und Kicker Steffen Dölger (1).

str Hamburg - Der erste Gewinner stand schon vor dem Kick-off fest: Axel Gernert, nicht nur Devils-Chef, sondern mit seiner Firma GMB auch Ausrichter der Eurobowl. 20 900 Zuschauer im Volksparkstadion, davon 6000 Lions-Fans, sorgten beim ersten rein deutschen Finale für einen Rekord - und für ein Sonderlob Dan Partells: "Der beste Promoter in Europa ist Axel Gernert", sagte der Vizepräsident des europäisches Verbandes EFAF angesichts der imposanten und ohrenbetäubenden Kulisse.

Partell hatte aber noch mehr zu berichten. Nachdem die Eurobowl erstmals als Champions League mit 16 Teams ausgetragen wurde, schwebt ihm eine Europaliga mit bis zu 22 Teams in zwei Gruppen vor. Am 24./25. Juli wird sich ein Findungsausschuß aus Mitgliedern der EFAF, des deutschen Verbands AFVD und möglichen beteiligten Vereinen in Luxemburg mit dem Thema befassen.

"Die Idee kommt diesmal von seiten der EFAF", betont Gernert, dessen 1994 initiierte Football League of Europe (FLE) nur einen Sommer lang um das Leder-Ei tanzte. Zu groß waren die finanziellen Schwierigkeiten der sieben übrigen Teams außer den Blue Devils. "Eine Voraussetzung ist, daß der Wettbewerb entsprechend dicht ist", sagte Gernert. Der Kernmarkt sei in jedem Fall Deutschland.

Da AFVD-Präsident Robert Huber aber unbedingt die German Football League (GFL) erhalten will, ist eine Lösung nur mit den Bundesliga-Klubs denkbar.

Kleiner Scherz: In der Halbzeit des NFL-Europe-Endspiels um die World Bowl gestern zwischen Frankfurt Galaxy und Barcelona wurde eine Zusammenfassung der Eurobowl gezeigt - erstmals auch in den USA. "Max und Estrus, ihr werdet Stars in Amerika", scherzte EFAF-Vizepräsident Dan Partell daraufhin mit den Eurobowl-MVPs Max von Garnier und Estrus Crayton. [GROSSES GEFÜLLTES STERNCHEN] Hoher Besuch: Außer EFAF-Präsident Reijo Ailasmaa (Finnland) war auch Japans Verbandschef bei der Eurobowl zu Gast: Nachhilfe in Sachen Organisation und Vermarktung. [GROSSES GEFÜLLTES STERNCHEN] Neuer Gast: Zum erstenmal beim Football war HSV-Vorstands-Mitglied Werner Hackmann. Der frühere Innensenator und ehemalige Chef des Hamburger Sport-Bundes (HSB) hielt es bis kurz vor Schluß in "seinem" Stadion aus. [GROSSES GEFÜLLTES STERNCHEN] Lange Pause: Die Blue Devils haben von heute an zwei Wochen Trainingspause. Die nächste Partie ist das Bundesliga-Interconferencespiel am 24. Juli in Rüsselsheim, das nächste Heimspiel folgt erst am 28. August gegen Köln.