In Buchhandlungen muß man nach ihren Werken fragen. Harburger Schriftsteller stehen nicht auf Bestsellerlisten. Lesenswert sind ihre Gedichte und Geschichten allemal. Wer sind diese Männer und Frauen, warum schreiben sie? Die Rundschau stellt sie vor. Heute: Hans-Georg Baumann

Von ADOLF BROCKMANN Finkenwerder - "Eigentlich hab ich schon als junger Mann geschrieben", sagt Hans-Georg Baumann aus Finkenwerder. Er ist 79 Jahre alt, gebürtiger Ostfriese. Auch im Krieg hat er seine Gedanken zu Papier gebracht. "Aber das ist alles vernichtet." Bedauern klingt nicht aus seiner Stimme, denn mit dem Schreiben hat der frühere Bautechniker des Amtes Strom- und Hafenbau in Hamburg nie aufgehört. Besonders, seit er Ruheständler ist.

Drei Bücher kündigen von seiner Kreativität. Alle drei Jahre kommt eines heraus. "Reminiszenzen aus ersten und heiteren Lenzen" war 1990 das erste. 1993 kam "Ich bin ja nur ein Blatt im Wind" heraus, 1996 "Das Leben ist ja ganz anders". Erfreulich für Hans-Georg Baumann: die ersten beiden Werke sind ausverkauft, vom dritten sind noch ganze elf zu haben. Aber nicht das ist der Grund dafür, daß der seit 1950 in Finkenwerder ansässige Autor ein neues Buch plant. "Es soll zu meinem 80. Geburtstag im nächsten Jahr fertig sein", sagt er. "Und das wird dann auch mein letztes sein."

So recht glauben mag das niemand, denn Baumann hat immer irgendeine Idee, steht dann - egal ob nachts oder wenn er gerade Gäste hat - auf, greift zu einer Art Kladde, notiert ein paar Stichworte. Und sie kommen nicht mehr weg.

Besonders die Vierzeiler haben es dem in einer kleinen Wohnung lebenden Autor angetan. "So an die tausend habe ich bestimmt geschrieben", sagt das Mitglied der Hamburger Autoren-Vereinigung. Mit der Auswahl von Beiträgen für das neue Buch hat er begonnen. "Begrenzte Zeit" soll es heißen. Und das aus gutem Grund.

Der Enge der Finkenwerder Wohnung ist er 27 Jahre lang entflohen. Er hatte seinen Wohnwagen bei Neustadt an der Ostsee stehen. Auch dort war er als "der schreibende Hamburger" bekannt, hat aus seinen Werken gelesen. Vor zwei Jahren hat er das "Zweithaus" verkauft. Jede Woche an die Ostsee zu fahren, das Ehepaar Baumann hat es nicht mehr geschafft.

Doch in Hamburg und in der Nachbarschaft liest er häufiger mal. Besonders vor älteren Menschen. Beim Reichsbund, in Vereinsversammlungen zum Beispiel. Bei den Treffen der Autorenvereinigung. Dabei ist ihm auch der Kontakt zu anderen Autoren wichtig. Manchmal bringt es auch etwas. Vera Meyer-Gruber, Schauspielerin und Autorin hat einen Text von Baumann vertont.

Mit ihr ist er schon mehrfach zu Lesungen gewesen. Und in diesem Jahr geht es auch noch in die Kulturhauptstadt Weimar. "Ich freue mich schon darauf, im August dort zu lesen", sagt Hans-Georg Baumann. Aber Lesungen in Finkenwerder sind für ihn genauso wichtig. Und die Beiträge, die er für das Vereinsblatt des Kulturkreises beisteuert.

Mit langen Texten hat sich Baumann nie anfreunden können, Plattdeutsch spricht er, aber er schreibt es nicht. Sein Metier sind "Gedichte , Sentenzen und Sprüche", wie es auf dem Umschlag seines zweiten Buches heißt. Und dabei läßt er sich schon mal über Gott und die Welt aus. Über die Frühjahresputzaktion in den Stadtteilen, über "die letzte Mark", über seine Zeitgenossen oder - immer mal wieder - über die Zeit.

Eine Kostprobe: "Es ist die Zeit, die nichts verzeiht nicht Fehler, auch nicht Siege Die Zeit stellt nur den Raum bereit prüft nicht, ob wahr, ob Lüge".