scho Hamburg - Arbeiter, die in der 1984 stillgelegten Chemie-Fabrik C. H. Boehringer in Bülbrook beschäftigt waren, erkranken häufiger als andere.

Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Gesundheitsbehörde in Auftrag gegebene "Sterblichkeituntersuchung", die Senator Ortwin Runde heute ver- öffentlichen will.

Bei Boehringer waren Insekten- und Unkrautvernichtungsmittel hergestellt worden, bei deren Produktion auch Dioxin freigesetzt wurde. Dieses Gift gilt als krebserregend. Als 1984 ein überhöhter Dioxinausstoß gemessen wurde, schloß der Betrieb seine Pforten.

Aus der von Professor Alfred Manz erstellten Studie anhand von rund 1800 ehemaligen

Boehringer-Mitarbeitern, soll nach Informationen des Abendblatts hervorgehen, daß vor allem die Beschäftigten, die direkten Kontakt mit den Chemie-Produkten hatten, krankheitsgefährdet sind.

Wie berichtet, sind in der Vergangenheit schon mehrere ehemalige Boehringer-Arbeiter an Krebs gestorben, ohne daß die Ursache der Krankheit mit ihren Arbeitsbedingungen in Zusammenhang gebracht werden konnte.

Häufig sind offenbar auch Nervenkrankheiten und allgemeine Hinfälligkeit. Die Erkenntnis, daß eine Krankheit eine bestimmte Ursache hat, ist aber wichtig für Rentenzahlungen, die bei Berufskrankheiten höher sind.

Noch heute, sechs Jahre nach der Produktionseinstellung, wird auf dem Werksgelände gearbeitet. Heute geht es allerdings darum, die in allen Anlageteilen sowie die im Boden befindlichen Giftstoffe zu beseitigen.

30 Mitarbeiter der eigens zu diesem Zweck von Boehringer gegründeten Firma "Dekonta" demontieren und reinigen in mühsamer Kleinarbeit Maschinen und Anlageteile, bevor sie in den Schrott wandern.

Wo früher das Insektenvernichtungsmittel HCH auch schon mal als dichte Staubwolke über das Werksgelände und in die angrenzenden Gemüsefelder wehte, herrschen jetzt strenge Umweltregeln.

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So wird bei der Firma Boehringer entseucht Kampf gegen das Dioxin

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Wer heute auf das Boehringer-Gelände an der Andreas-Meyer-Straße will, muß zwar genau wie früher an einem sehr genauen Pförtner vorbei und wird schon auf der Straße von Fernsehkameras erfaßt.

Aber alles andere ist völlig anders. Nur noch etwa 30 der ehemals 320 Mitarbeiter sind am Werken, der charakteristische Schornstein ist längst verschwunden, die Produktionsgebäude sind so gut wie leer. Und der früher so unangenehm muffige Geruch des Roh-HCH, der in allen Räumen und selbst in den Kleidern der leitenden Angestellten hing und der Besuchern die Augen tränen ließ, ist bis auf sehr lokale Reste verschwunden.

Was früher eine chemische Giftküche war, hat sich in eine Firma im Dienste des Umweltschutzes verwandelt. "Dekonta" heißt das Unternehmen, von Boehringer-Ingelheim sofort nach der Schließung des Werkes gegründet.

Die Arbeiter, die heute auf dem Gelände arbeiten, sind andere als die von früher. Sie hätten auch eine andere Einstellung zur Gefahr, heißt es, deshalb würden sie auch wie selbstverständlich in ihren Schutzanzügen arbeiten und mit Atemschutzgeräten.

Zweieinhalb Stunden müssen sie aushalten, dann gibt es eine halbe Stunde Pause. Für die Zeit im schweißtreibenden Anzug bekommen sie eine Extra- Vergütung.

Alles wird zerlegt und zersägt, bevor es unter Hochdruck mit Wasser gereinigt und verschrottet wird. Das Abwasser wird durch Aktivkohle-Filter gereinigt, bevor es ins Siel läuft. Den Verkauf größerer, gereinigter Anlagenteile nach Spanien, um aus den dort im Freien lagernden Roh- HCH-Halden ein Unkrautvernichtungsmittel zu machen, hat Boehringer nach Kritik von Umweltschützern inzwischen eingestellt. "Dann müssen die Halden eoen liegenbleiben", heißt es bei dem Werk.

Und der verseuchte Boden auf dem Hamburger Werksgelände? Der soll in einer eigens für diesen Zweck entwickelten Verbrennungsanlage von Giftstoffen gesäubert werden. Noch in diesem Jahr soll die Anlage auf dem Gelände aufgebaut werden. Rund 25 000 Kubikmeter Boden sind zu verarbeiten, pro Stunde fünf. Die Bau- und Betriebsgenehmigung der Umweltbehörde liegt vor. Die Kosten für alles zusammen schätzt Boehringer auf 140 Millionen Mark, etwas mehr als 50 Millionen sind schon ausgegeben, scho