"Keinerlei einsatzbezogene Feststellungen!" Dieser knappe Satz kennzeichnet das vorläufige Ende einer beispiellosen Suchaktion der Hamburger Polizei und Feuerwehr nach zwei vermißten Jungen. Seit

"Komm nicht zu spät nach Hause, um 19 Uhr gibt es Abendessen", ermahnte Caide Kocal am Montagabend gegen 18 Uhr ihren Sohn, als er sich zum Spielen verabschiedete. Der junge Türke hatte gerade seine Schularbeiten gemacht. Er gilt als Musterschüler, zuverlässig und intelligent.

Als er um 19.30 Uhr immer noch nicht wieder aufgetaucht war, trommelt sein Vater Mustafa Kocal, der seit 1970 in der Bundesrepublik arbeitet und in Hamburg bei einer Reinigungsfirma beschäftigt ist, Nachbarn und Bekannte zusammen.

Etwa 30 Menschen machten sich in den Boberger Dünen auf die Suche nach dem Jungen.

Gegen 21 Uhr trafen die Suchenden auf eine weinende Frau, Hella Riesterer: "Mein Sohn ist verschwunden", rief sie. Michael Riesterer hatte sich ebenfalls gegen 18 Uhr von seiner Mutter verabschiedet, nachdem er sich im Fernsehen "Lassie" angesehen hatte. "Willst du heute nicht die Sesamstraße sehen?" fragte ihn die Mutter noch. "Nein, ich will lieber nach draußen", war die Antwort des Kindes, das die erste Klasse der Schule Mümmelmannsberg besucht.

Gemeinsam setzten die Eltern die Suche fort. Um 21.15 Uhr fand Michaels lSjähriger Bruder Rolf die Fahrräder der Vermißten. Sie lehnten an einem Gebüsch am Rande eines Parkplatzes bei den Boberger Dünen und waren, nicht angeschlossen, was die Eltern für ungewöhnlich halten.

Gegen 22 Uhr schalteten die Eltern die Polizei ein, die mit etwa 60 Beamten und Hundefuhrern die Umgebung durchkämmte. Um 1 Uhr nachts brachen sie die Suche zunächst ab. Am Dienstagmorgen setzten zwei Hundertschaften die Aktion fort. Hinzugezogen wurden eine Tauchergruppe und der Polizeihubschrauber. "Michael und Haluk, wir .euehen euch", klang es tmmer wieder aus dem Lautsprecher des Hubschraubers - vergeblich.

Als am Dienstagabend die Suche abgebrochen wurde, gab es immer noch keine Spur von den beiden Jungen.

"Wir haben nichts unversucht gelassen", begründete die Polizei das Ende der Suchaktion, "aber es lassen sich keine Anhaltspunkte finden.". Drei Möglichkeiten, was mit den Kindern geschehen sein könnte, kommen in Betracht: ? Die beiden sind weggelaufen, um sich den Traum von einer Reise in die weite Welt zu erfüllen. Dagegen spricht. daß keines der Kinder schon einmal allein außerhalb Hamburgs war.

- Ein Unglücksfall. Die Boberger Dünen sind ein weitläufiges, unübersichtliches Gelände mit vielen Moorlöchern, Seen und Teichen, Büschen und Baumgruppen. Der junge Türke lernte zwar Kara-

Montag abend gibt es von Haluk Kocal (9) und Michael Riesterer (8) keine Spur mehr. Inzwischen schwindet die Hoffnung, die Jungen aus der Straße Godewind in Billstedt lebend wiederzufinden. te, Boxen und Judo, kann aber ebenso wie Michael Riesterer nicht schwimmen. Gegen einen Unglücksfall spricht, daß die Kinder die Boberger Dünen gut kennen und daß es noch hell war, als die Jungen verschwanden. ? Die beiden sind Opfer eines Verbrechens geworden. Dagegen mag sprechen, daß die Räder sofort gefunden wurden und die Jungen zu zweit waren. Außerdem gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte für einen Kampf.

Die Eltern sind sich nach wie vor sicher, daß einer der Jungen den anderen überredet hat, auszureißen. Aber bis gestern nacht hieß es im Polizeipräsidium unverändert: "Keine neuen Erkenntnisse. Wir tappen im ungewissen!"