Für Kinder hatte die Hamburger Autorin und Schauspielerin Ingeburg Kanstein schon immer ein Herz. Einen Jangen Jedoch hat sie besonders liebgewonnen: Manuel, mutterlos, 8ohn eines stoben Spaniers, vor einem Jahr noch ein Problemkind und Jetzt voll berechtigter Hoffnung für die Zukunft Ein Jahr lang lebte Manuel bei Ingeburg Kanstein. Doch bis es dazu kam, hatte sie einen erbitterten Kampf auszufechten sowohl mit Manneis Vater als auch mit einigen Behörden. Die abenteuerliche Geschichte des Jungen hat sie Jetzt an einem Buch verarbeitet “Abhauen ? die letzte Chance?“ wird demnächst im Rowohlt Verlag erscheinen.

Manuel ? das ist nicht der richtige Name des heute 15jährigen Jungen. Die leicht verletzliche Ehre des Vaters verbietet der Autorin, den wirklichen Namen zu nennen und ein Foto seines Sohnes zu veröffentlichen. Manuel lebte mit seinem Vater in der Nachbarschaft von Ingeburg Kanstein und besuchte sie häufig, da sie für die Nachbarskinder an manchen Nachmittagen Kaspertheater spielte und Geschichten vorlas. Dann kam er plötzlich nicht mehr ? und vier Jahre lang hörte die in allen Jugendfragen stark engagierte Schauspielerin nichts mehr von ihm. Doch eines Tages, im Februar 1976, stand er wieder vor ihrer Tür. Verareckt und völlig verängstigt.

Der Grund: Der Realschüler hatte im Weihnachtszeugnis fünf Fünfen, hatte das allerdings aus Angst dem Vater verschwiegen und war schließlich abgehauen. In Hamburg, wo er noch immer wohnte, irrte er tagelang umher, bis er sich in seiner Not an Ingeburg erinnerte, die einzige, die ihm in seinem jungen Leben Immer mit Verständnis entgegengekommen war. Und da stand er nun.

Was tun? Für die resolute Frau Kanstein war das keine Frage. Sie steckte Manuel erst einmal in die Badewanne und dann ins Bett. Und mußte sich dann in endlosen Telefongesprächen mit Jugendrichter, Lehrer und telefonischem Kinderhilfsdienst immer wieder bestätigen lassen, daß sie sich strafbar mache, daß sie den Jungen dem Vater oder den Behörden übergeben müsse.

Das schreckte sie jedoch nicht ab in ihrer Überzeugung, daß Manuel nicht zum Vater zurück dürfe. Sie wandte sich an die Jugendbehörde und fand in dem Fürsorger Borsch endlich einen Helfer. Er benachrichtigte den Vater, der daraufhin mit südländischem Temperament und lautstarken Zornesausbürchen seinen Sohn zurückforderte. Doch Manuel verkroch sich verschreckt in sich selbst und hinter den breiten Rücken seiner selbstgewählten Pflegemutter.

Stundenlange Sitzungen auf dem Hamburger Amtsgericht und ein energischer Hinweis auf das Haager Kinderschutzgesetz, das auch ausländischen Kindern in einzelnen Fällen den Schutz der deutschen Behörden zusichert, brachten Ihr schließlich den Erfolg. Laut Gerichtsbeschluß wurden dem Vater die Rechte für seinen Sohn vorübergehend entzogen. Manuel blieb bei Ingeburg.

Sozusagen als Therapie ließ sie ihr Pflegekind die ganze Geschichte auf Tonband sprechen. Und so wie Manuel erzählte, spontan, natürlich und in breitem Hamburgisch (Manuel ist in Deutschland geboren und fühlt sich auch als Deutscher), schrieb sie das Abenteuer auf ? zum Teil aus der Sicht des Jungen, zum Teil aus ihrer eigenen Perspektive.

Das Buch ist jedoch nicht das einzige Ergebnis ihres selbstlosen Einsatzes für Manuel. Die früher reichlich dralle, 38 Jahre alte Ingeburg Kanstein, die schon von der Figur her für Mütterrollen prädestiniert war und besonders vom Fernsehen auch gern eingesetzt wurde, verlor zwölf Kilo Gewicht Wer die verständnisvolle Mutter des eigenwilligen Knirpses Bumfidel aus der Sesamstraße kennt, wird sie heute kaum wiedererkennen.

Noch mit einer zweiten Mutterrolle hat die Schauspielerin beachtlichen Erfolg: In der Familienserie "Der goldene Sonntag" (die nächste Folge sendet die ARD am 3. April vormittags um 11 Uhr) hat sie sich mit den Sorgen dreier erwachsener Kinder herumzuplagen. Es geht dabei vorwiegend um soziale Probleme.

An zwölf neuen Folgen dieser Serie wird sie auch als Autorin mitarbeiten. Die Geschichte von Manuel ist ihr erstes Buch; ein zweites, das Kinderbuch "Ich wünsch' mir einen Zirkus", ist inzwischen auch schon fertig. "Im nächsten Jahr möchte ich aber endlich einmal etwas für Erwachsene schreiben", wünscht sich Ingeburg Kanstein. Einen Roman über eine alleinstehende Frau. Ein bißchen autobiografisch? Vielleicht