Von unserem Redaktionsmitglied Peter Krukow Kiel, 30. August “Bold Guard 74“, das bisher größte Nato-Herbstmanöver in Schleswig-Holstein steht vor der Tür. Vom 10. bis 13. September werden mehr als 40 000 Soldaten aus vier Ländern zwischen Flensburg und Lübeck, zwischen Kiel und Hamburg den Ernstfall proben. Stark vergröbert sieht das im Nato-Plan so aus: “Orange“ (der Feind) will Schleswig-Holstein überrollen, “Blau“ stoppt die Attacke und treibt “Orange“ zurück.

Nach vorsichtigen Schätzungen werden bei dem Manöver Flurschäden in Höhe zwischen vier und fünf Millionen Mark entstehen. "Ich wünschte,' das Manöver Wäre zu Ende und alle Schäden abgewickelt", sagt Oberrat Hasso Wiedmann (33). Der Leiter der Schadenskommission bei der Wehrbereichsverwaltung I in Kiel hat schon bei den Vorbereitungen die ersten grauen Haare bekommen.

Im Hauptquartier der Alliierten Landstreitkräfte Schleswig-Holstein und Jütland (COMLANDJUT) sind die Vorbereitungen für das Supermanöver abgeschlossen. "Von uns aus könnten wir sofort anfangen", meint Generalleutnant Heinrich Schwiethal, Befehlshaber von COMLANDJUT in Rendsburg, der die gesamte Übung leitet.

7000 dänische, 7000 britische, 26 000 deutsche und 200 amerikanische Soldaten werden mit 8000 Radfahrzeugen und 2500 Kettenfahrzeugen (darunter immer noch 65 alte Panzer vom Typ "Centurion") 18 Tage lang durch Schleswig-Holstein rollen. Denn der Aufmarsch der am Manöver beteiligten Truppenteile beginnt schon am 2. September und der Abmarsch wird mit Sicherheit erst am 20. September beendet sein.

Aller Voraussicht nach wird es im Raum Flintbek, Hademarschen, Kellinghusen, Schmalfeld, Bad Segeberg und Damsdorf zu Zusammenballungen kommen.

Während des Manövers gibt es täglich über dem gesamten Ubungsraum bis zur Linie Autobahn Hamburg ? Lübeck ? Reinfeld ? Dieksee ? Kellersee _ Hohwachter Bucht etwa 100 Flüge von Düsenjägern und Transportern in einer Höhe von etwa 500 Fuß und 60 Flüge von Hubschraubern in Höhe von 200 Fuß. Außenlandungen, Fallschirmabsprünge, Fallschirmabwürfe im Bereich von Rendswühren am 10. September und Osterrade am 12. September machen jeweils eine halbstündige Sperrung der Verkehrswege im Bereich der Absprungzonen sowie etwa eine einstündige Abschaltung der Stromleitung notwendig. Die Anlandung eines Panzerverbandes bei Wei- ßenhaus an der Ostsee wird mit Sicherheit einer der Höhepunkte der Übung.

Auf der Seite der Verteidiger sind die 6. Panzergrenadier-Division, die dänische Jütland-Division, eine Lufttransport-Brigade der britischen Mobile Force, eine britische Fallschirmbrigade und Kräfte des Territorialheeres der Bundeswehr beteiligt. Der Angreifer wird von der 3. Panzerdivision und Teilen der 6. Panzergrenadier-Division dargestellt.

Luftstreitkräfte aus Dänemark, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland sowie deutsche See- und Seeluftstreitkräfte unterstützen die Erdkampftruppen. Auch die Amphibische Transportgruppe der Marine ist beteiligt.

Hasso Wiedmann fürchtet dabei nichts mehr als die alten "Centurions", die immer noch ohne Schutzgummis auf den Ketten rollen. "Die Panzer verursachen die meisten Schäden: Erschütterungen, Setzrisse, heruntergefallene Lampen, niedergewalzte Einfahrten, Zäune, Bürgersteige und Felder."

Während der Übung wird eine Kommission vor Ort die ersten gravierenden Schäden regulieren. Nach dem Ende der Übung werden sieben Schadenskommissionen, jeweils mit einem landwirtschaftlichen und einem Bausachverständigen, versuchen, die Geschädigten abzufinden.

Während des Manövers ist die Schadenskommission im Hubschrauber schnell am Ort des Geschehens, zwei Pioniermaschinenzüge sorgen für erste Instandsetzungen. "Bei der letzten Nato-Übung in Schleswig-Holstein vor zwei Jahren mußten wir 1360 Schadensfälle regulieren, die Schadenshöhe lag im Schnitt etwas über 1000 Mark. Damals waren 20 000 Soldaten an der Übung beteiligt. Dazu kamen noch die Schäden, die durch ausländische Truppen verursacht waren und die durch das Amt für Verteidigungslasten beim Finanzminister des Landes Schleswig- Holstein getragen wurden."

Bei manöverbedingten Flurschäden ist bis zum 13. September die Schadenskommission unter der Rufnummer 04393/820, danach in Kiel die Wehrbereichsverwaltung I unter der Nummer 0431/30771/App. 6416, 6418 und 6420 anzurufen.

Die Polizei bittet die Verkehrsteilnehmer im Manöverraum zu beachten, daß die folgenden Straßen während der Übungszeit mehr als üblich von Militärfahrzeugen' benutzt werden:

9. September: B 404 zwischen Schwarzenbek und Bad Segeberg; E 3 zwischen Bad Bramstedt ? Neumünster ? Rendsburg.

10. September: B 205 zwischen Neumünster und Bad Segeberg; B 404 zwischen Trittau und Ba<4 Segeberg; B 204 zwischen Albersdorf und Schenefeld; B 430 zwischen Schenefeld und Aukrug; Straße Bad Segeberg ? Blunk ? Stocksee.

11. September: B 404 zwischen Bad Segeberg und Bornhöved; B 205 zwischen Bad Segeberg und Neumünster; B 206 zwischen Bad Segeberg und Bad Bramstedt; Straße Bad Oldesloe ? Sülfeld ? Struvenhütten.

12./13. September: B 404 zwischen Wankendorf und Großbarkau; Straße Bad Bramstedt ? Brockstedt ? Aukrug; B 430 zwischen Neumünster und Hohenwestedt; Straße Blumenthal ? Nortorf ? Stafstedt; B 4 zwischen Bad Bramstedt ? Neumünster ? Flintbek; Straße Bordesholm ? Nettelsee.

14. September: B 206 Zwischen Kellinghusen und Bad Segeberg; E 3 zwischen Bad Bramstedt ? Neumünster ? Rendsburg; B 404 zwischen Kiel und Schwarzenbek; B 77 zwischen Hohenwestedt und Rendsburg.