In diesen Vorweihnachtstagen ist der Jungfernstieg wieder strahlender Mittelpunkt der “guten Stube“ unserer Stadt. Ein besonderer Zauber geht von diesem Boulevard aus, der eine so bunte, se wechselhalte Geschichte hat. In seinem Buch “Hamburg ? Menschen, Schicksale“, erschienen im Ullstein-Verlag, widmet Eberhard von Wiese dem Jungfernstieg ein ganzes Kapitel. Wir veröffentlichen Im folgenden einen Ausxug.

Kaum kann man sich heute vorstellen, daß der Jungfernstieg noch in den neunziger Jahren (und zum Teil darüber hinaus) eine Straße der eleganten Hotels gewesen ist, nach dem gro- ßen Brand von 1842 in neuklassizistischer Stil-Harmonie gewachsen. Damals konnte man noch wählen, ob man mit kofferbeladener Pferdedroschke das "Hotel St. Petersburg" an der Ecke Alsterarkaden ansteuern oder ob man sich für das "Hotel zum Kronpinzen" entscheiden sollte. Das "Hotel St. Petersburg" wich 1904 dem "Neidlinger-Haus". Das "Hotel zum Kronprinzen" machte 1911 dem Warenhaus-König Tietz (heute Alsterhaus) Platz. Damals verschwand auch Schollwiens Passage. Durch die gedeckte Ladenstraße bummelte man gern vom Jungfernstieg zur Königstraße.

Das große Hotelsterben

Vom großen Hotelsterben wurde schon 1897 das feudale "Hotel Victoria" ergriffen. Im Geschmack der Zeit türmten hier die Architekten Haller und Geissler mit wuchtigen Sandsteinblöcken den Geldtempel der Dresdner Bank. In Schutt lag nach dem Krieg das Haus neben dem Hauptverwaltungsgebäude der Bank und jenem historischen Eckhaus an den Gro- ßen Bleichen, das sich anno 1804 der Oberalte von Axen hatte bauen lassen und in dem später der aus Thüringen kommende Buchhändler Friedrich Perthes wohnte. Ein Patriot in den Wirren der Franzosenzeit. Dieses historische Eckhaus, das den Krieg überstand, sah auch Matthias Claudius in seinen Mauern.

Versetzen wir uns noch einmal in die Zeit zurück, als die Fremden vom Hannoverschen oder Venloschen Bahnhof mit NEUER WAU

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Hohe und "höchste" Gäste hat der Hamburger Hof in seinen Mauern gesehen. 1896 fuhr Vizekönig Li Hung Tschang als Abgesandter des Reichs der Mitte vor. 1897 wurde die erste Etage des Hotels reserviert für Seine Majestät Chuaiongkorn, König von Siam.

Als der Norddeutsche Regatta-Verein am 1. April 1900 dem populären und sportfreudigen Prinzen Heinrich von Preußen ein Festmahl gab, hatte man den Hotelsaal in das Oberdeck eines Ozeandampfers verwandelt. Zweihundert Gäste tafelten zwischen Deckaufbauten und Schornsteinen aus Pappe. 1904 beehrte sogar König Eduard VII. von England den "Hamburger Hof".

Verwehte Erinnerungen. Auch vom benachbarten "Streits Hotel" blieb nur der Name. Der 5. Oktober 1841 sollte ."i.".i.M"'SI1#

nicht nur für die Historie des Hotels ein bedeutsamer Tag werden. Als glühender Vorkämpfer für die Einheit aller Deutschen in Baden verfolgt, war der Hofrat Professor Carl Welcker ins freie Hamburg geflüchtet und in "Streits Hotel" abgestiegen. Die Hamburger empfingen ihn mit stürmischer Begeisterung. Am Abend des 5. Oktober loderten Hunderte von Fackeln vor dem Hotel. Dem Professor zu Ehren sangen die Hamburger Turnerschaft von 1816 und die Hamburger Liedertafel von 1823 zum ersten Mal in der Öffentlichkeit jenes Lied, das Hoffmann von Fallersieben erst wenige Wochen zuvor, am 26. August, auf dem damals noch englischen Helgoland gedichtet hatte: "Deutschland Deutschland über alles . . ."

Romantische Episode

HOTEL ZUM KRONPRINZEN

Ein Jahr später fiel "Streits Hotel" dem großen Hamburger Brand zum Opfer. Mit neuklassizistischem Make-up stieg es empor aus der Asche. Aus den achtziger Jahren gibt es eine recht romantische Episode zu berichten. Rumäniens schöne Königin Carmen Sylva. die als Verfasserin schwermütiger Lieder die Zeitgenossen rührte, konnte sich dem Zauber der Alster nicht entziehen. Schon gar nicht, wenn der Mond die weite Wasserfläche silbern schimmern ließ. Oskar Fetras, Hamburgs "Johann Strauß", hörte von der Schwärmerei der Königin, komponierte in einer glücklichen Stunde den Walzer "Mondnacht auf der Alster"

und widmete ihn der königlichen Dichterin.

VIKTORIA-HOTEL GROSSE BLEICHEN

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