Unzählige Dinge festigen Hamburgs Ruf in aller Welt: Der Hafen, in dem das Leben dieser Millionenstadt Tag und Nacht pulsiert, Bauten und Kunstwerke, Kaufleute, deren kluger Geist ein handelspolitisches Zentrum an der Elbe schufen ? nicht zuletzt aber sind es die Hamburgerinnen, die ihre Stadt berühmt gemacht haben. In vielen Liedern werden sie besungen, Besucher aller Nationen schwärmen von ihnen, die Hamburger sind stolz auf sie ? und sie haben allen Grund dazu.

Von der Hamburgerin soll in diesem Bericht die Rede sein. Und zwar von der Art, wie sich die Bewohnerinnen der Hansestadt kleiden. Immer war dies eine Angelegenheit, der die Frauen allergrößte Bedeutung beimaßen. Muß man erst an das Feigenblatt Evas erinnern? Sicher nicht, und sicher ist man sich in aller Welt darüber einig, daß die Wörter "Frauen" und "Kleidung" nicht rein zufällig weiblichen Geschlechts sind.

Die Hamburgerin wurde nicht berühmt als "Modepüppchen". Diese Stadt, das "Tor zur Welt" genannt, ist viel zu sachlich, viel zu nüchtern, als daß ihre Bewohnerinnen alle verspielten Modetorheiten bedingungslos mitmachen würden. Der unauffälligen Eleganz bei außergewöhnlichen Anlässen und dem

praktischen Gebrauchswert im Alltag haben sie seit jeher gegenüber der Extravaganz den Vorzug gegeben.

Dafür spricht allein schon die Tatsache, daß bei einer im Auftrag des Hamburger Abendblattes erfolgten Befragung 43 Prozent der Frauen auf eine gute Stoffqualität beim Kauf von Oberbekleidung am meisten achten. Auf die praktische Note kommt es 18 Prozent in erster Linie an, 16 Prozent legen auf "preiswert" die Hauptbetonung, die gute Verarbeitung bildet bei 14 Prozent die Hauptsache. Nur für neun Prozent spielt der modische Schnitt die "erste Geige".

Trotz des vielzitierten deutschen Wirtschaftswunders bevorzugt die überwiegende Mehrzahl der Hamburgerinnen beim Einkauf ihrer Oberbekleidung die Konfektion. Mäntel beispielsweise werden zu 95 Prozent als Konfektionsware gekauft. Zwei Prozent der Befragten nähen sie sich selbst, während drei Prozent die Mäntel von der Schneiderin anfertigen lassen. Bei Kostümen ist das Verhältnis ähnlich: Konfektion: 90 Prozent, Selbstnähen: drei Prozent, Schneiderin: sechs Prozent. Bei Kleidern, Röcken und Blusen verschieben sich diese Zahlen erheblich zugunsten der Selbstanfertigung. So kaufen 75 Prozent der Hamburgerinnen ihre Kleider in der Konfektion, während 16 Prozent sie selbst nähen und 12 Prozent die Schneiderin beauftragen. Röcke fertigen sich die Hansestädterinnen sogar zu 20 Prozent selbst an.

Wenn man so will, dann ist das Ergebnis dieser Frage auch eine Bestätigung dafür, daß die Hamburgerinnen ihren nüchternen Sinn selbst dann nicht verlieren, wenn es um die ureigensten weiblichen Anliegen geht. Im übrigen ein Hinweis für alle, denen Mathematik so in Fleisch und Blut übergegangen ist, daß sie die hier gemachten Angaben sofort nachrechnen: Die Queradditionen ergeben mehrfach eine Zahl über 100 Prozent. Bei der Umfrage registriert man nämlich einige Male Mehrfachnennungen. Daher die Diskrepanz.

Doch machen wir weiter in unserem Spiel mit Zahlen, Zahlen, die für viele "Evas" die Welt bedeuten. "Wo kaufen die Hamburgerinnen ihre Oberbekleidung?", wollten beispielsweise die neugierigen Interviewer wissen. Und sie erfuhren, daß die weitaus überwiegende Zahl die Einkaufszentren der Innenstadt bevorzugen ? nämlich 76 Prozent. 18 Prozent erledigen ihre Besorgungen in der Nähe der Wohnung, sechs Prozent suchen andere Einkaufsgegenden auf.

Beim Kauf aller größeren Stücke steht das Textilhaus an erster Stelle, während bei den kleineren Dingen meist die Warenhäuser aufgesucht werden. So kaufen die Hamburgerinnen ihre Mäntel zu 42 Prozent im Textilhaus, zu 28 Prozent im Warenhaus, zu 26 Prozent in nen Schirm. Ob das wohl frisch Zugereiste waren? 13 Prozent der Hamburgerinnen besitzen jedenfalls sogar zwei und mehr "Regendächer".

Unter der Oberbekleidung für Damen nehmen Schuhe einen ganz besonderen Platz ein. Kaum eine "Eva", die an einem Schuhgeschäft vorbeigehen kann, ohne einen interessierten Blick zu riskieren. Die Hamburgerinnen machen da keine Ausnahme.

Unsere Umfrage ergab, daß die Hansestädterin im Durchschnitt 8,5 Paar Schuhe besitzt, Hausschuhe nicht einberechnet. Am stärksten vertreten ist der Pumps; 42 Prozent der Hamburgerinnen besitzen davon sogar vier und mehr Paar. Auch der flache Straßenschuh erfreut sich großer Gunst. 53 Prozent nennen davon zwei bis drei Paare ihr eigen. Während 11 Prozent der Hamburgerinnen weder Hüte noch Mützen tragen, gibt es nur drei Prozent, die ohne Handtasche auskommen.

Schön geformte Beine sind überall ein Blickfang für die Männer. Die Hamburgerinnen sind sich dessen bewußt. Sie besitzen im Durchschnitt 5,5 Paar Strümpfe. 37 Prozent tragen die in jüngerer Zeit stark aufgekommene Strumpfhose.

Was die Freundin, die Bekannte, die Nachbarin wohl in ihrem Kleiderschrank hängen hat? In echter weiblicher Neugier beschäftigen sich auch die Hamburgerinnen mit dieser Frage.

Vielleicht können Sie aus den folgenden Zahlen einige Schlüsse ziehen: Im Durchschnitt besitzt die Hansestädterin

einem Spezialgeschäft, zu zwei Prozent beim Versandhandel und zu drei Prozent beim Großhandel. Ähnlich ist das Verhältnis bei Kostümen, Kleidern und Röcken, während Blusen, Pullover, Jacken, Strümpfe, Leibwäsche, Handschuhe und Schals überwiegend im Warenhaus gekauft werden.

Auch im Zeitalter der Raketen und Satelliten hat die gute alte Nähmaschine ihren Platz im Haushalt behauptet. Wie zu Großmutters Zeiten werden auch heute noch viele der kleinen Wunderwerke weiblicher Phantasie unter der Nadel der Nähmaschine geboren. Und was noch erstaunlicher ist: Der mit des Fußes Kraft bediente "Ratterkasten" gibt im wahrsten Sinne des Wortes noch immer den Ton an. Bei der Umfrage ergab sich, daß 62 Prozent der Hamburgerinnen eine Nähmaschine besitzen, davon 44 Prozent eine nichtelektrische.

Ein Viertel aller gefragten Frauen er-, klärte übrigens, die Nähmaschine noch recht häufig zu benutzen. 22 Prozent dagegen tut dies nur noch gelegentlich, und gar 15 Prozent haben die Maschine offenbar nur als Überbleibsel vergangener Jahre im Haushalt stehen ? sie brauchen sie nämlich nur noch ganz selten oder nie.

Und für wen nähen die Hamburgerinnen? Zu 33 Prozent für sich selbst, zu 23 Prozent auch noch für andere Familienangehörige. Nur ein Prozent nimmt "Fremdenaufträge" an.

Der praktische Sinn der Hamburgerinnen ist in diesem Bericht schon einige Male erwähnt worden. Er spiegelt sich auch in der Antwort auf die Frage wieder: "Wo lassen Sie die abgelegten, noch tragbaren Kleidungsstücke?" Nur neun von 100 nämlich wissen keine Verwertung mehr, während 69 Prozent die alten Stücke verschenken. 14 Prozent lassen sie durch andere Familienangehörige auftragen, und neun Prozent heben sie auf. Weiß der Kuckuck, wann und bei welcher Gelegenheit man diese Kleidungsstücke noch einmal verwerten kann . . .

Hamburgs Schmuddelwetter ist berühmt-berüchtigt. Auch bei herrlichstem Sonnenschein lassen die Hansestädter nur höchst ungern ihren Schirm zu Haus. Immerhin erklärten bei der Umfrage sieben Prozent, sie besäßen keinämlich 9,7 Kleider, 2,2 Kostüme, 6,8 Blusen, 5,2 Pullover und 3,8 Mäntel (ohne Regenbekleidung). 31 Prozent nennen einen Pelzmantel ihr eigen, vier Prozent haben sogar zwei.

Vom Winter gleich einen Sprung in den Sommer: Die Hamburgerin bevorzugt den einteiligen Badeanzug. 65 Prozent tragen ihn, während zweiteilige Badeanzüge und Bikinis es nur auf zwölf Prozent brachten. Schwimmen scheint aber auch die einzige nennenswerte Sportart der Hamburgerin zu sein, denn von Badeanzügen einmal abgesehen, besitzen 84 Prozent der befragten Damen keine weitere Sportkleidung. Willi Daume, Präsident des Deutschen Sportbundes, und die Mitglieder des Nationalen Olympischen Komitees werden dies sicherlich mit Unbehagen zur Kenntnis nehmen.

Zweifellos ist der Einkauf die unbeschränkte Domäne der weiblichen Welt. Männer spielen dabei meist eine etwas hintergründige Rolle. Boshafte meinen sogar, sie seien lediglich als "Packesel" zu gebrauchen. Wie dem auch sei ? immerhin begleiten 59 Prozent aller Hamburger Ehemänner oft ihre Frauen beim Einkaufen. 24 Prozent lassen sich nur gelegentlich überreden, während 17 Prozent eine solche Aufforderung kategorisch ablehnen. Na, wenn schon ? Hauptsache, sie öffnen bereitwillig die Brieftasche!

Und mit den Brieftaschen lassen Sie uns diese kleine Betrachtung schließen. Mögen sie immer wohlgefüllt sein, damit sich die Hamburgerinnen nicht nur anziehen,' sondern auch kleiden können. So wie es der Wunsch jeder Frau ist. HORST SCHÜLER