Dos Staatsgebiet dor heutigen Freien und Hansestadt Hamburg wird 1985 nicht mehr Einwohner haben als 1965, nämlich 1,84 Millionen. Zusammen mit don Nachbarkreisen, dio dann eng mit Hamburg verschmolzen sein werden, wird man aber mit einem "Ballungsgebiet" von 2,9 Millionen Menschen rechnen müssen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Vorausberechnung des Statistischen Landesamtes, dio eigens fllr diese Artikelserie angefertigt wurde. In zwanzig Jahren hat Hamburg 60 Kilometer Durchmesser.

In vielen Hamburger Behörden hängt der "Aufbauplan" aus. Er ist kein Geheimdokument. Jeder kann ihn sich ansehen. Jeder kann studieren, wie man sich fflr die Zukunft die Aufteilung des Hamburger Bodens in Wohnungsgebiete, in Flächen für Arbeitsstätten, Grünflächen, Dorfgebiete usw. denkt. Jeder kann sehen, wo die Stadtautobahnen die Stadt durchziehen werden, wo neue Straßenzüge aufgerissen werden sollen und wo man sich noch nicht ganz einig ist, was werden soll. Diese Flächen sind dann als "Untersuchungsgebiete" gekennzeichnet.

Aber jeder kann beim Anblick dieses bunten Planes auch leise schmunzeln oder vergnügt lächeln: über die Politik nämlich. Da sieht man in einem Waldzipfel südlich Harburg ein anderthalb Kilometer langes Stück Stadtautobahn. Man erfährt aus der Karte nicht, woher es kommt und wohin es führt und wozu es überhaupt gut sein soll. Mit einiger Phantasie kann man sich natürlich vorstellen, daß es sich um ein Teilstück der Westtangente handeln muß, die durch den neuen Elbtunnel führend in der Gegend von Maschen den Anschluß an die Bundesautobahn herstellt. Aber das kann nur auf niedersächsischem Gebiet geschehen, und der Senat hat sich wohl gehütet, auch nur anzudeuten, was und wo "im Ausland" gebaut werden wird.

-Der Auf bauplan reicht bis in

das Jahr 2000"

Dabei müßte ein Aufbauplan, der in so weite Zukunft weist (1. Baudirektor Professor Sill: "Er reicht bis in das Jahr 2000") die heutigen politischen Grenzen einfach ignorieren, denn es ist undenkbar, daß auch nur nach zehn oder zwanzig Jahren Hamburg dort endet, wo es schon 1937 endete. Aber natürlich will sich kein Hamburger auf verantwortlichem Posten nachsagen lassen, er hege "Eroberungsgelüste" gegenüber den Nachbarkreisen.

Der Berichterstatter ist von dieser Hemmung frei. Er kann statt vom ..Ballungsgebiet" vom "Groß-Hamburg" des Jahres 1983 sprechen, das in dem Augenblick auch politische Wirklichkeit werden kann, da man sich mit den Nachbarländern über eine Neuregelung der Steuerverteilung einigen wird.

Hamburg ist eine "Zentralstadt". Das heißt, es liegt in einer recht ländlichen und daher dünnbesiedelten Umgebung. Es ist nicht von einem weitgestreckten Industriegebiet umschlossen, und es gibt

Doch beginnen wir mit der Einzeldarstellung. Hamburg hat 1983 zwei Stadtzentren und ein drittes ist im Bau.

Die alte City wird immer noch bestimmt durch die vorhandenen engen Straßenzüge. Sie ist nur dort wesentlich aufgelockert worden, wo man ganze Stadtviertel niedergerissen hat, weil ihre Häuser modernen Ansprüchen nicht mehr genügten. (Z.B. Wexstraße, Valentinskamp usw.) Nur dadurch wurde genügend Platz frei für hohe Verwaltungsgebäude, die ja nicht mehr beliebig eng aneinandergebaut werden dürfen, sondern Platz für den fließenden und ruhenden Verkehr und für Grünflächen freilassen müssen.

Es gelang nicht, den motorisierten in unmittelbarer Nähe keine große Stadt mehr, mit der Hamburg so zusammenschmelzen könnte wie einst mit Altona und Harburg.

Diese geographische Tatsache setzt dem Wachstum Hamburgs Grenzen. Während um 1983 in der Welt Riesenmetropolen entstanden sein werden, bleibt Groß-Hamburg eine im Weltmaßstab bescheidene Stadt. Man hat das vorausgesehen und schon in den sech ? ziger Jahren in den Absprachen mit den Landesplanungsämtern der Nachbarländer beschlossen, um einem zukünftigen Hamburg von 2,5 bis 3 Millionen Menschen einen breiten Grünflächengürtel freizuhalten. Dadurch soll die grenzenlose "Auswucherung" der Stadt verhindert werden.

Wenn man einen Zirkel in die Karte setzt . . .

Das Hamburg von 1983 hat einen Durchmesser von ungefähr 60 Kilometern. Wenn man einen Zirkel in die Karte setzt und mit einem Radius von dreißig Kilometern einen Kreis zieht, dann erfaßt man ungefähr das künftige Gebiet von Groß-Hamburg.

An seiner nördlichen Grenze liegt die etwa 100 000 bis 150 000 Einwohner große Industriegemeinde Kaltenkirchen mit dem internationalen Flughafen "Holstenfeld". Im Nordosten gehören Ahrensburg, Bargteheide und Bad Oldesloe dazu. Im Osten Schwarzenbek,

im Südosten Geesthacht und Winsen. Im Süden Buchholz. Im Westen Buxtehude, Wedel, Uetersen und Elmshorn. Und als Enklave gehört 1983 der Vorhafen Neuwerk in der Eibmündung zu Hamburg.

Diese Beschreibung des Stadtumfangs ist keine amtliche Angabe, sondern eine Folgerung des Autors, da sie ? es sei nochmals wiederholt ? in das Gebiet der Politik fällt, die für offizielle Stellen tabu ist.

Eine Stadtlandschaft mit sehr viel

Grün dazwischen

l Aus dieser ungefähren Begrenzung ' | ergibt sich, daß man sich das Hami bürg der Zukunft nicht als ein stei- 1 nernes Häusermeer vorstellen darf, i sondern als große Stadtlandschaft

mit viel Grün, mit viel ländlichem, vielleicht parkartigem Charakter. \fe*ehr- gänxHca von der alten Oiry fernzuhalten. Man 9mA" si* "fteher för einen verkehr in mehreren Ebenen entschließen. Einige der Hauptgeschäftsstraßen sind zu Fußgängerstraßen erklärt worden. Mit Waren dürfen diese Straßen nur nachts und in den frühen Morgenstunden beliefert werden bzw., wo das möglich ist, durch zugeschüttete Fleete.

In anderen Straßen sind der Fußgängerverkehr und damit auch die Läden in den ersten Stock verlegt worden. Die Bürgersteige beftnden sieh auf Brücken (oder Baikonen). Es ist möglich, die ganze City zu Fuß zu durchwandern, ohne ein einziges Mal eine Fahrstraße kreuzen zu müssen.

In der City-Nord, in der 35 000 Menschen beschäftigt sind, hat man diese Sorgen nicht, da man sie von vornherein weiträumig anlegte.

In den beiden Citys wohnen kaum Menschen. Um 1860 wohnten in der Hamburger City noch 150 000 Menschen. 1960 waren es nur noch 20 000. 1983 sind es knapp 5000. Alle sind sie durch eine Funktion (Hausmeister, Pförtner, Maschinisten usw.) mehr oder weniger an das Verwaltungshaus gebunden. Umgekehrt ist die Zahl der in der City Arbeitenden von Jahr zu Jahr gewachsen, wodurch der Verkehr in den Spitzenstunden (morgens und abends) im Vergleich zu den sechziger Jahren noch beträchtlich zugenommen hat.

Es gab Streit . . .

Natürlich hat es in den zwanzig Jahren seit 1963 immer wieder Auseinandersetzungen zwischen "Realisten" und "Romantikern" gegeben. Diese Kämpfe waren in Hamburg nicht so hart wie in Städten, die reicher an wertvollen architektonischen Denkmälern sind als die unsere. Sie entzündeten sich dennoch oft genug an der Frage, ob z.B. die Fassade eines alten Gebäudes der Verkehrsplanung geopfert werden dürfe oder nicht. Es gab Streit, als es darum ging, die Uferstraße "An der Alster" zu verbreitern, indem man etwas von der Außenalster zuschüttete. Es gab Streit, als die "Kerntangente", die Querverbindung der Stadtautobahnen, über die Außenalster-geführt wurde. Es gab Auseinandersetzungen um die Verlegung des Botanischen Gartens nach Flottbek. Ganz hoch schlugen die Wellen, als einige Stadtplaner sagten, das Chilehaus werde zu Unrecht als historisches Baudenkmal angesehen, denn es stehe in Wirklichkeit am Ende eines Kapitels der modernen Baugeschichte und keineswegs am Anfang.

Hamburg wird auch dann sein eigenes Gesicht behalten

"Werden 1983 alle Städte der Welt gleich aussehen, oder wird Hamburg immer noch sein eigenes, unverkennbares Gesicht behalten?" fragte ich Professor Werner Hebebrand. Er antwortete:

"Es war zu allen Zeiten so, daß die jeweils modernen Stile sich über die ganze zu ihrer Zeit bekannte Welt ausbreiteten. Ganz gleich, ob wir an die Gotik oder den Klassizismus denken. Die Bahnhöfe, die bei Beginn des Eisenbahnzeitalters entstanden, gleichen sich überall und ebenso die Wohnhäuser aus dem Beginn dieses Jahrhunderts. Heute ist der Radius der Ausbreitung durch besseren Nachrichtenaustausch und die Erfordernisse der Zweckmäßigkeit noch viel größer. Dennoch wird Hamburg aus geographischen Gründen sein eigenes Gesicht behalten. Solange es an der Elbe und an der Alster liegt, bestimmen diese Gewässer den Charakter Hamburgs." '

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