Nur eine konsequente Zusammenfassung von Planung und Organisation kann Hamburg noch vor der Verkehrskatastrophe retten. Zu diesem Schluß kommt Erik Blumenfcld, der Hamburger Landesvorsitzende der CDU, in einer ungewöhnlich kritischen und harten Betrachtung zu den Hamburger Vcrkehrsproblemen. "Sie sind das größte Sorgenkind der Hansestadt geworden", stellt Blumenfeld fest. "Und das ist umso bedenklicher, als seit vielen Jahren auf diesem Sektor mit ungeheurem Aufwand gearbeitet wird."

"Hunderte von Millionen Mark sind in den Tiefbau, vornehmlich für Stra- ßen- und Brückenbau, geflossen. Auch wenn sich an manchen Stellen diese Investitionen sichtbar ausgewirkt haben, werden die Hamburger, vor allem die Berufstätigen, sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß hier tropfenweise das heiße Eisen gesprengt wurde und daß ein Stück- und Flickwerk herrscht."

Blumenfeld, der diese kritischen Feststellungen in einem Artikel für die nächste Ausgabe der Schrift "Neues Hamburg" macht, stellt dazu im einzelnen fest: ?Überall bleiben hoffnungslose Flaschenhälse, welche die neugeschaffenen Verbreiterungen für den fließenden Verkehr illusorisch machen.

Man faßt Teilstücke an", so heißt es weiter, ?und buddelt obendrein an denselben Stellen mehrfach nacheinander. Erst für die Straßenbahn, dann für den Straßenbau, dann für irr gendwelche, nicht rechtzeitig eingeplanten Leitungen, wie Gas, Wasser "der Telephon, und schließlich gräbt man dann das Ganze noch einmal auf ? dann nämlich, wenn endlich die U-Bahn kommen soll.'

Es könne, so betont Blumenfeld, keinen Zweifel geben, daß hier die

Zusammenarbeit

der Behörden außerordentlich mangelhaft sei. Es fehle eine lenkende Hand.

"Die Fachleute und Verkehrsplaner", so schreibt Blumenfeld, ?haben unter der Phantasielosigkeit und mangelnden Entschlußfreudigkeit der politisch verantwortlichen Stellen zu leiden. Sie scheitern mit ihren Ideen, ihrem Schwung anderem, guten, Wjtea,:Und, ihrer anerkannten Leistungsfähigkeit' oft an Kompetenzfragen.

;j Hinzu kommen", schreibt Blumenfeld weiter, "personelle Engpässe. Verkehrsingenieure und andere technische Fachleute fehlen sehr. Nicht zuletzt deswegen, weil die Behörden sie mit ihrem Besoldungsmechanismus nicht ausreichend bezahlen können."

Unter Hinweis auf das Beispiel der Kräftekonzentration im U-Bahn-Bau wiederholt Blumenfeld deshalb seinen erst kürzlich gemachten Vorschlag, eine eigene staatliche Gesellschaft zu gründen. Dieser müsse die gesamte Planung und Bauausführung übertragen werden. Sie müsse in die Lage gesetzt werden, Fachleute so zu bezahlen und langfristig zu engagieren, daß man die notwendigen Kräfte gewinnt.

Auch die Tiefbaukapazität sei noch keineswegs erschöpft. Durch energische Maßnahmen ließe sie sich sicherlich noch um 20 Prozent steigern.

Als besonders vordringliche Aufgabe Hamburgs für die nächste Zukunft bezeichnet Blumenfeld die Stadtautobahn.

Dazu sagt er: "Jedermann weiß, daß sie eine entscheidende Entlastung bringen würde, aber niemand wagt, an ihre umgehende Verwirklichung heranzugehen. So wie die Planung heute liegt, dürfte die Verwirklichung erst in acht big zehn Jahren auf uns zukommen. Bis dahin werden wir vielleicht schon eher an Hubschrauber im innerstädtischen Verkehr denken müssen."

Wie das Hamburger Abendblatt, das das Thema "Stadtautobahn" erst kürzlich aufgegriffen hatte, kommt auch Blumenfeld zu dem Schluß, daß das Beispiel Berlins für die Hansestadt auf diesem Gebiet beschämend ist.

Als Beispiel verkehrstechnischer Flickarbeit nennt Blumenfeld im einzelnen:

- die Ost-West-Straße, ? den Wallring, ? den U-Bahn-Bau.

Während die Ost-West-Straße stekkengeblieben ist (wie berichtet, wird die letzte Lücke dieser Durchbruchstraße erst 1963 geschlossen), geschehe am Wallring wenig. "Vom Glockengie- ßerwall bis zum Millerntor bildet dieser Straßenzug eine Kette von Engpässen." Selbst die technisch durchaus mögliche "Grüne Welle" sei eine unerfüllte Hoffnung geblieben.

Mit der gleichen Verspätung, mit der man sich heute des Straßenbaus annimmt, habe der U-Bahn-Bau begonnen, kritisiert Blumenfeld. Die neuen Strekken, die heute durch die inzwischen geschlossene Bebauung "durchgefressen" werden müssen, wären damals leichter und billiger erstellt worden.

Aber man habe auf die Straßenbahn gesetzt, die sich nun längst, zum mindesten für die Innenstadt, als untragbare Belastung erwiesen hat.

Hamburgs Straßennetz ist von der Natur und Geschichte nicht so begünstigt wie das anderer Großstädte", schreibt Blumenfeld. "Um so größer müssen die Anstrengungen sein, diese Schwierigkeiten zu überwinden."

Man müsse sich endlich aus der einseitig verkrampften Konzentration auf die Wohnungsbaupolitik lösen, die inzwischen allzu deutlich von Prestigeaffekten bestimmt werde.

"Was not tut", betont Blumcnfeld abschließend, "sind nämlich in Hamburg nicht mehr nur ausreichende Wohnungen, ondern vor allem ausreichende Verkehrsverbindungen. Nach der Abschnürung des natürlichen Hinterlandes der Hansestadt kann eine Vernachlässigung dieser Aufgaben für Hamburg tödliche Folgen haben." hwb.