Sport-Informations-Dienst

Goslar, 3. Januar

Was ist aus ihnen geworden . . .? Das werden sich viele fragen, wenn der Name früherer Spitzenkönner fällt. Der Alfred Schwarzmanns zum Beispiel, der 1936 in Berlin und 1952 in Helsinki bei Olympischen Spielen turnte. Schwarzmann tauchte 1932 im Kreise von elf jungen Turnern auf, die den Ruhm der Deutschlandriege begründeten. Unter diesem Namen turnten sie 1932 beim eidgenössischen Turnfest in Aarau.

Die Namen dieser Aktiven machten Turngeschichte: Ernst Winter (Frankfurt) Kurt Krötzsch (Leipzig), Herbert Lorenz (Hannover), Kurt Wedekind (Forst), Arthur Hüls (Breslau), Anton Bezler (Gögglngen), Arthur Klein" (Leipzig), Lorenz Hermann (Ulm), Jakob Kraft (Schnalthelm), Alfred Trosthelm (Dortmund) und ? Alfred Schwarzm a n n. '

Da diese Mannschaft in Aarau während eines großen Schauturnens den deutschen Leistungsstand demonstrieren sollte, fiel es auf, daß Schneider neben Könnern wie Winter, Krötzsch, Lorenz und Bezler auch den bis dahin wenig bekannten, kaum 20jährigen Schwarzmann aufgestellt hatte. Der Männertumwart blinzelte auf erstaunte Fragen nur: "Wartet nur heute abend ab." Nun, der Fürther trumpfte nicht gerade groß auf, verriet aber dem aufmerksamen Beobachter, was in ihm steckte. In Aarau sagte der Schweizer Oberturner Inneichen: "Paßt auf den drahtigen Jungen auf, der hat das rechte Blut zu einem großen Turner!"

Vier bestimmten seinen Weg

Stuttgart und Aarau kann man also den eigentlichen Start der turnerischen Laufbahn von Alfred Schwarzmann nennen, auch wenn er bereits 1931 bei den Deutschen Gerätemeisterschaften in Essen 11. des Zwölfkampfes wurde. Den Weg dieses begnadeten Talentes und wundervollen Menschen bestimmten vier Männer: Sein Vater, ein echter Turner bester Tradition, der lange Jahre OTerturnwart des TV 1860 Fürth war; Martin Schneider, der DT-Männerturnwart und Betreuer der Deutschland- und Olympiariege; Martin Gebhard (Frankfurt), einer der besten Geräteturner der zwanziger Jahre und großartiger Lehrmeister sowie Christel Strauch, Wehrmachts-Turn- und Sportlehrer In WUnsdorf, der den Jungen Soldaten ? 1933 war Schwarzmann in die Reichswehr eingetreten ? zur olympischen Reife führte.

Die Olympischen Spiele von Berlin wurden dann für den am 23. Mftrz 1912 Geborenen, der 1935 In Dortmund Deutscher Meister geworden war, zu einem einmaligen Höhepunkt.

Spielerische Meisterschaft

ZäK und unermüdlich hatte Alfred Schwarzmann auf das Ziel Berlin hingearbeitet ? der Lohn waren an diesen brütendheißen Augusttagen drei Goldund zwei Bronzemedai.llen als erfolgreichster Teilnehmer 1936: Am ersten Wettkampftag Bester nach der Pflicht, am zweiten Zwölfkampfsieger, Bester im Pferdsprung und Mitglied der Goldmedaillen-Riege, Bronze am Barren und am Reck. Daß ihn die Welle der Begeisterung auch beruflich hochtrug ? er wurde innerhalb von zwei Tagen vom Unteroffizier über den Feldwebel zum Leutnant befördert ?? , schmeichelte zwar sehr, seiner bescheidenen Art jedoch entsprach dieser Sprung in eine andere Atmosphäre nicht so ohne weiteres. Es ist ein Zeichen für seinen Charakter, daß er sich in kurzer Zeit voll und ganz seinen neuen Aufgaben gewachsen zeigte. Auch sein Turnen unter Christel Strauch verfeinerte sich und führte zu einer fast spielerischen Meisterschaft ? bis der Krieg ein jähes Ende brachte.

Allem zum Trotz . . .

Ein unwiderrufliches Ende, wie es schien, denn der beispielhafte Offizier, der bereits 1940 das Ritterkreuz erhielt, wurde so schwer verwundet, daß sein Davonkommen einem Wunder glich. Obwohl Schwarzmann jahrelang jeder Griff schmerzte, faßte er 1950 wieder Mut, trainierte härter als jeder andere und wurde im Alter von 40 Jahren bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki als einziger deutscher Turner (Silber am Reck) mit einer Medaille ausgezeichnet. Ein würdiger Abschluß einer erstaunlichen und großartigen Sportlaufbahn! Heute wirkt Schwarzmann als Gymnasial-Turn- und Sportlehrer in Goslar, als Landeslehrwart der Niedersachsenturner und als unbestechlicher Kampfrichter.

Da er so blieb, wie er immer war ? kameradschaftlich, hilfsbereit, bescheiden, klar im Urteil, niemals überstürzt und mit einem fränkisch-verschmitzten Humor begabt, und, da man ihm seine Jahre nicht ansieht, steht Schwarzmann als lebendiges Beispiel dessen vor dem Nachwuchs, was vernünftiger betriebene Leibesübung bedeutet. Er war der große Turmeister ? jetzt ist er genauso groß als Lehrmeister.