Schauplatz der meisten Schiller-Erstaufführungen in Hamburg war das alte "Thea.ter im Opernhof" am Gänsemarkt, das Haus, dem der große Friedrich Ludwig Schröder Ansehen und Ruhm über die deutschen Grenzen hinaus verschafft hatte. Ein Höhepunkt seiner Direktionsführung: Uraufführung des "Don Carlos" am 29. August 1787. Mit Klingmann in der Titelrolle, Schröder als Philipp und Franz Zuccarini als Posa "machte das Stück eine Zeitlang in Hamburg viel Sensation". (Der Versuch, Schiner nach diesem Erfolg als Dramaturgen und Theaterdichter für Hamburg zu verpflichten, blieb aber ohne Erfolg.) Die Frühwerke des jungen schwäbischen Dramatikers waren bereits vor der "Carlos"-Uraufführung über die Hamburger Bretter gegangen. Wenige Monate nach Mannheim sah man im Haus am Gänsemarkt, unter der Direktion von Hans Andreas Dreyer, zum ersten Male die "Räuber", am 23. September 1782. Den Namen des Dichters nannte der Zettel nicht. Später berühmtgewordene Schauspieler brillierten in den Hauptrollen: Ferdinand Fleck, der auch die Regie führte, war der alte Moor, seine Söhne Franz und Karl spielten Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann und Franz Zuccarini. Erste Hamburger Amalia: Karoline Nanette Borchers.

"Ohne besonderen Beifall", wie die Chronik meldet, ging am 24. Februar 1785 "Die Verschwörung des Fiesco" am Gänsemarkt zum erstenmal über die Szene, in einer von Karl Martin Plümicke besorgten "Bühnenbearbeitung". ? "Kabale und Liebe" kam auf dem Umweg über Altona nach Hamburg. Schröder, von seinem Engagement an der Wiener Burg zurückgekehrt, bespielte mit neu zusammengestellter Truppe in den Sommermonaten 1785 das Altonaer Schauspielhaus an der P a 1 m a i 1 1 e und brachte hier, am 12.August 1875, Schillers bürgerliches Trauerspiel heraus. Der Prinzipal selbst mimte den Musikus. Im folgenden Jahr erschien das Werk auch auf der Hamburger Bühne.

Bis zum nächsten Schiller nach dem "Dott Carlos" vergingen mehr als anderthalb Jahrzehnte. "Wallenstein", inzwischen beendet und in Weimar uraufgeführt, mußte noch warten. Gleich zwei Schiller-Premieren gab es dann in den letzten Monaten des Jahres 1801 : am 16. Oktober "Maria Stuart", mit den Damen Eule und Herzfeld in den Rollen der beiden Königinnen, und am 15. Dezember "Die Jungfrau von Orleans" mit Frau Herzfeld als Titelträgerin. Beide Werke fanden eine wahrhaft glänzende Aufnahme.

Einen Schiller "aus zweiter Hand" brachte das nächste Jahr. Am 9. Juli 1802 hob sich zum ersten Male der Vorhang über "Turandot", Carlo Gozzis chinesischem Märchenspiel, dem der deutsche Dramatiker eine neue Bühnenfassung gegeben hatte. Die Aufführung errang Erfolg vor allem durch Sophie Stollmers, die Darstellerin der Titelrolle. Diese Schauspielerin, aus der durch zweite Heirat Sophie Schröder wurde und die über zehn Jahre lang dem Hamburger

Theater angehörte, wuchs zur größten Tragödin ihrer Zeit. Sie war in der Erstaufführung der "Braut von Messina" am 6. März 1803 die Beatrice und spielte in den nächsten Jahren alle großen Schil lerschen Frauengestalten, die Amalia und Maria Stuart, die Lady Milford, Eboli und Armgard.

Am 6. April 1804 stand zum erstenmal Picards Lustspiel "Der Neffe als Onkel" in der Bearbeitung Schillers auf dem Spielplan des Gänsemarkt-Theaters. Ein knappes halbes Jahr später, am 25. September 1804, sahen die Hamburger zuerst "Wilhelm Teil", mit dem Mitdirektor Jacob Herzfeld als Schweizer Frciheitshelden. "Dies Schauspiel machte ein vorherzusehendes Glück", berichtet der Chronist. Im folgenden Jahr gastierte der berühmte Iffland als Teil. Seine zweite Hamburger Schiller-Rolle: Franz Moor.

Den am 9. Mai 1805 verstorbenen gro- ßen deutschen Dramatiker ehrte die Hamburger Bühne mit einer Aufführung seiner "Braut von Messina", der ein Prolog mit Chören voranging. Im Herbst desselben Jahres kam die "Wallenstein"-Trilogie auf die Gänsemarktbretter, am 20. September 1805 das "Lager", am 22. und 27. Oktober die "Piccolomini" und "Wallensteins Tod". Den Fragment gebliebenen "Demetrius" spielte man erst Jahrzehnte später, am 10. November 1862, im Hamburger Stadttheater. Im Herbst 1869 zeigte man Schillers Torso in der Dammtorstraße mit der Ergänzung von Heinrich Laube. ? Racines "Phädra" in der Schillerschen Übersetzung ging am 3. Februar 1917 zum ersten Male unter der Regie von Max Montor und mit Adele Dore in der Titelpartie über die Bühne des Deutschen Schauspielhauses.

Stuttgart rüstet sich

Morgen 11 Uhr spricht Thomas Mann Die große Festveranstaltung im Stuttgarter Opernhaus morgen vormittag mit der Rede von Thomas Mann und einer Ansprache des Bundespräsidenten wird über alle Sender übertragen. Zu dem Festakt sind neben zahlreichen Ehrengästen aus dem In- und Ausland 29 offizielle Gäste aus der Sowjetzone sowie die 150 dort ansässigen Mitglieder der Deutschen Schiller-Gesellschaft eingeladen.

Die Feierlichkeiten beginnen heute, mit der 60. Jahresversammlung der Deutschen Schiller-Gesellschaft in Schillers Geburtsstadt M a r b a c h am Neckar. Dort wird auch zum erstenmal der von der Landesregierung gestiftete Gedächtnispreis von 20 000 DM verliehen. Morgen abend ist eine Festaufführung der "Maria Stuart" im Stuttgarter Staatstheater vorgesehen.

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Hamburgs Schiller-Gedenkfeier findet im Kleinen Musikhallensaal am Freitag, 20. Mai, 20 Uhr, statt. Prof. Dr. Benno von Wiese, Münster, spricht über den Dramatiker Schiller und seine Auffassung von der Bühne. Den Abend leitet eine Ansprache des Kultursenators Dr. H. H. Biermann-Ratjen ein. Hermann Prey von der Staatsoper singt, begleitet von Brückner-Rüggeberg, Schubert-Kompositionen Schillerscher Gedichte.

Johanoeum und Wilhelm-Raabe-Gesellschaft gedenken des Dichters am Montagabend, 20 Uhr, in der Aula des Johanneums, Maria-Louisen-Straße 114, mit einem Vortrag von Dr. G. Siebers "Die innere Dialektik in Schillers Dichtung".