Das Interview zum Tag des Kaffees 2016 mit Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes

Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes
Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes

Herr Preibisch, wie trinken Sie Kaffee am liebsten und warum?

Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich meine private Leidenschaft „Kaffee“ zum Beruf machen konnte, dadurch tagtäglich mit dem Thema in Kontakt bin und immer wieder neue Kaffees und Kaffeekreationen testen kann. Daher gibt es für mich keine „Kaffeeroutine“ oder eine favorisierte Art, meine tägliche Tasse zu trinken. Ich genieße und schätze vielmehr die Vielfalt und große Auswahl an verschiedenen Kaffeesorten unterschiedlicher Länder und die vielen verschiedenen Röstungen, die der deutsche Kaffeemarkt uns bietet.

Was macht den Kaffee aus Ihrer Sicht in Deutschland und auch weltweit so beliebt?

Kaffee ist ein sehr spannendes und äußerst abwechslungsreiches Produkt, das trägt entscheidend zu seiner Beliebtheit bei. Bereits bei der Auswahl der „richtigen“ Bohne bzw. Mischung kann der Konsument auf ein großes Angebot zurückgreifen – von mild über zartbitter bis süß. Auch im Bereich der Zubereitung gibt es heutzutage eine Vielfalt an Möglichkeiten, den Kaffee in die Tasse zu bringen. Je nach individuellen Vorlieben, können Konsumenten zwischen vielen verschiedenen Maschinenarten wie z.B. Filterkaffeemaschinen, Vollautomaten oder Kapselmaschinen wählen, löslichen Kaffee genießen oder dem aktuellen Trend folgen und ihren Kaffee per Hand brühen. Schlussendlich entscheiden Kaffeeliebhaber darüber, ob sie ihren Kaffee pur oder mit Milch und/oder Zucker verfeinert genießen möchten. Kaffee ist also nicht gleich Kaffee, der Konsument kann immer wieder neue Geschmäcker und Zubereitungsmethoden entdecken, daher ist Kaffee in Deutschland seit vielen Jahren das Getränk Nummer eins.

Ein neuer (alter) Trend: Kaffee wieder selbst aufbrühen.
Ein neuer (alter) Trend: Kaffee wieder selbst aufbrühen.

Woher kommen eigentlich Kaffeetrends?

Kaffeetrends werden von Kaffeeliebhabern weltweit entwickelt – Menschen, die sich intensiv mit dem Produkt und seiner Zubereitung beschäftigen. Dazu gehören keineswegs nur ausgewiesene Kaffeeexperten und -unternehmen; findige Kaffee-Ideen und kreative Rezepte werden heutzutage nicht selten in der heimischen Küche von ganz „normalen“ Kaffeetrinkern entwickelt und über Social Media verbreitet und bekannt gemacht.

Wie ist die Idee zum Tag des Kaffees entstanden?

Die vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Kaffeeunternehmen waren der Meinung, dass das Lieblingsgetränk der Deutschen einen eignen Ehrentag verdient hat. Damit wollten wir eine Plattform schaffen, um bundesweit über das Getränk zu informieren und es noch beliebter zu machen. Ich denke, das ist uns auch ganz gut gelungen. Der „Tag des Kaffees“ findet 2016 bereits zum elften Mal statt, dennoch bleibt es spannend. Jedes Jahr überraschen uns teilnehmende Unternehmen mit neuen attraktiven Aktionen, von Verkostungen über Ausstellungen und Kunstaktionen bis hin zu „Tagen der offenen Tür“ in Röstereien.

Wie kam es dazu, dass der Tag des Kaffees in diesem Jahr auch erstmals international stattfindet?

Nachdem der „Tag des Kaffees“ in Deutschland bereits einige Jahre sehr erfolgreich stattgefunden hat, haben auch andere Länder Interesse bekundet, einen Ehrentag für Kaffee durchzuführen. Daher hat die International Coffee Organization (ICO), quasi die UN für Kaffee, in der auch die Bundesrepublik Deutschland Mitglied ist, im vergangenen Jahr beschlossen, alle Aktivitäten am „International Coffee Day“ zu bündeln, der ab sofort am 1. Oktober jeden Jahres stattfindet. 2016 werden 78 Länder, darunter alle EU-Mitgliedsstaaten, teilnehmen und mit zahlreichen Aktionen eine riesige Kaffeeparty feiern.

Kaffeehandel in der Speicherstadt: Statistisch gesehen sind drei von vier in Deutschland getrunkenen Tassen Kaffee sind durch Hamburger Hände gegangen.
Kaffeehandel in der Speicherstadt: Statistisch gesehen sind drei von vier in Deutschland getrunkenen Tassen Kaffee sind durch Hamburger Hände gegangen.

Welche Bedeutung hat Kaffee wirtschaftlich für Deutschland?

Deutschland ist ein wichtiger Standort für die Kaffeewirtschaft und spielt eine herausragende Rolle im Kaffeewelthandel in den Bereichen Import, Weiterverarbeitung und Re-Export. Im Jahr 2015 wurden mehr als eine Million Tonnen Rohkaffee, d.h. noch nicht weiterverarbeitete Kaffeebohnen, nach Deutschland geliefert. Dies entspricht 18,8 Millionen Sack Rohkaffee. Damit ist Deutschland nach den USA größter Kaffeeimporteur der Welt. Der Rohkaffee wurde allerdings nicht vollständig in Deutschland konsumiert – für Teile des Rohkaffeeimports ist Deutschland Umschlagplatz. Er wird entweder unbehandelt in andere Länder re-exportiert oder in Deutschland zunächst veredelt und anschließend als gerösteter und/oder entkoffeinierter Kaffee oder als Kaffeeextrakt in andere Länder ausgeführt.

Konsumiert wurden in Deutschland im Jahr 2015 445.900 Tonnen Röstkaffee und 19.950 Tonnen löslicher Kaffee. Der Pro-Kopf-Konsum lag bei 162 Litern, dies entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 7,2 Kilogramm Rohkaffee pro Bundesbürger. Zum Vergleich: der Konsum von Heil- und Mineralwasser lag 2015 bei 143,4 Litern, der von Bier bei 105,9 Litern. Wir Deutschen sind also eindeutig eine Nation von Kaffeetrinkern.

Gern möchte ich, wenn auch mit einem leichten Augenzwinkern, noch darauf hinweisen, dass Kaffee nicht nur als Handelsware, sondern auch als Getränk mit seiner anregenden Wirkung zur Produktivität beiträgt. Schließlich beginnt für viele Menschen ein erfolgreicher Arbeitstag mit einer Tasse Kaffee und auch zahlreiche Geschäfte werden bei einer gemeinsamen Tasse ausgehandelt und besiegelt.

Welche Rolle spielt die Stadt Hamburg im weltweiten Kaffeehandel?

Der Hamburger Sandtorkai war und ist weltweit Inbegriff für Kaffeehandelskompetenz. Auch wenn heute nicht mehr alle Kaffeehändler in der Speicherstadt sitzen, ist Hamburg nach wie vor die Hochburg des Kaffeehandels in der EU und in der Welt. Kaffee wird hier gehandelt, angelandet und verprobt, im Hafen umgeschlagen, in riesigen Mengen gelagert, in kleinen und in großen Röstereien veredelt, zu löslichem Kaffee verarbeitet und nicht zuletzt in den vielen Hamburger Coffeeshops und Cafés ausgeschenkt. Rechnet man alle Verarbeitungsschritte entlang der Wertschöpfungskette von Kaffee zusammen, an denen Unternehmen der Hansestadt beteiligt sind, kann man sagen, dass drei von vier in Deutschland getrunkenen Tassen Kaffee durch Hamburger Hände gegangen sind.

Von der Bohne bis in die Tasse: Die Reise des Kaffees ist lang und eindrucksvoll.
Von der Bohne bis in die Tasse: Die Reise des Kaffees ist lang und eindrucksvoll.

Hatten Sie schon die Möglichkeit, in Anbauländern wie Brasilien oder Vietnam hautnah beim Kaffeeanbau dabei zu sein? Wenn ja, welche Eindrücke sind da hängen geblieben?

Ja, ich habe bereits mehrere Länder, darunter auch Brasilien und Vietnam, bereist und mir den Kaffeeanbau vor Ort angeschaut. Ich kann jedem, der beruflich mit Kaffee zu tun hat nur ans Herz legen, einmal eine solche Reise durchzuführen, um den Kaffeehandel in seiner gesamten Vielfalt und Komplexität – sozusagen von der Bohne bis in die Tasse – zu verstehen. Besonderen Eindruck hat auf meinen Reisen die Liebe und Hingabe hinterlassen, mit dem der Kaffeeanbau in den verschiedenen Ländern betrieben wird. Ich habe gelernt, Kaffee dadurch noch mehr wertzuschätzen und sehe es auch als Aufgabe des Deutschen Kaffeeverbandes, diese Wertschätzung, zum Beispiel im Rahmen des „Tag des Kaffees“, Kaffeeliebhabern bundesweit näherzubringen.

Alle Infos zum Tag des Kaffees finden Sie online unter www.tag-des-kaffees.de