Dr. Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK, über Herausforderungen, Ziele und Werte einer gesundheitsgerechten Arbeitswelt

Herr Dr. Baas, Gesundheitsmanagement in Betrieben hatte früher eher einen Exoten-Status. Ist es inzwischen allgemein akzeptiert?

Jens Baas: Das Bewusstsein, dass die Gesundheit der Mitarbeiter für ein Unternehmen einer der Erfolgsfaktoren ist, hat sich in den vergangenen Jahren glücklicherweise immer weiter durchgesetzt. Heute bezweifelt niemand mehr, dass ein Betrieb aktiv etwas zum Erhalt der Gesundheit und damit auch der Leistungsfähigkeit seiner Belegschaft tun muss.

Dass Fehltage finanzielle Verluste bedeuten, leuchtet ein. Ist es das wesentliche Ziel des Betrieblichen Gesundheitsmanagemts, sie zu reduzieren?

Beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement, kurz BGM, geht es um mehr als eine ausschließlich eindimensionale Fehlzeitenreduktion. Die kann − falsch verstanden − teuer erkauft sein und sich als Bumerang erweisen. BGM muss mehrdimensional sein, über den Tellerrand schauen, aktuelle wie auch künftige Veränderungen in der Arbeitswelt und der demografischen Entwicklung berücksichtigen. Gesundheitsmanagement im Unternehmen richtet sich daher vorrangig nicht an den einzelnen Mitarbeiter, sondern an das ,System Betrieb’, in dem dauerhaft gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen geschaffen werden müssen. Ein gutes BGM mobilisiert auch gesundheitsförderliche Potenziale. Es folgt also einem ganzheitlichen Ansatz.

Wo liegen heute die Herausforderungen?

Die Anforderungen an die Flexibilität und die Mobilität der Mitarbeiter und Führungskräfte steigen, Informationsdichte und -tempo nehmen zu, die für inzwischen viele Menschen nahezu ständige Erreichbarkeit lässt die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen, und auch das Pendeln geht buchstäblich an die Nerven, wie unser jüngster Gesundheitsreport gezeigt hat. Kurz: Der psychische Druck, den immer mehr Berufstätige empfinden, nimmt zu. Darüber hinaus ist heute eine Generation berufstätig, in der sich viele Frauen und Männer nicht nur um ihre Kinder, sondern auch um ihre Eltern kümmern müssen.

Was können und müssen die Betriebe für einen gesundheitsförderlichen Umgang ihrer Mitarbeiter mit Belastungen tun?

Für das gesamte Betriebliche Gesundheitsmanagement gilt: Es muss vom Top-Management und den Führungskräften getragen werden. Um Burnout zu vermeiden, kommt es sehr auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen an: Es gilt zum Beispiel, den Mitarbeitern die Identifikation mit ihrer Tätigkeit zu ermöglichen, ihnen Verantwortung zu übertragen und Wertschätzung zuteilwerden zu lassen. Die Einbeziehung der Mitarbeiter, eine Feedback-Kultur sowie eine ,gesunde Führung’ sind ebenfalls von großer Bedeutung, um die psychische Gesundheit zu erhalten. Daneben sollten Unternehmen aber auch prüfen, wie sie das Erlebnis von ungutem Stress und Belastungen ihrer Mitarbeiter vermeiden oder reduzieren können − zum Beispiel durch Home-Office-Days für Pendler, flexiblere Arbeitszeiten, eine kommunizierte und eingehaltene Grenzziehung zwischen Beruf und Freizeit oder auch durch das Angebot von Auszeiten, wenn ein Angehöriger gepflegt werden muss. Weder Ursachen noch Maßnahmen lassen sich über einen Kamm scheren, daher muss ein Gesundheitsmanagement auf das individuelle Unternehmen zugeschnitten sein. Firmen können und sollten sich hier Rat holen. Die Berater der Techniker Krankenkasse haben langjährige Erfahrung darin und stellen ihre Expertise gern zur Verfügung.

Dr. Jens Baas

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