Die Stiftung Warentest hat die Dispozinsen von allen 1.538 Banken und Sparkassen verglichen. Das Ergebnis: Kleine Banken sind oft die größten Abzocker.

Über hundert Banken und Sparkassen in Deutschland kassieren unverschämte Dispozinsen von 13 Prozent und mehr. Die meisten wollten das Finanztest lieber nicht sagen.

Doch die Stiftung Warentest hat für den Test in ihrer Zeitschrift Finanztest alle Hebel in Bewegung gesetzt und viel Geld ausgegeben, um die Dispozinsen von den 1 538 Banken und Sparkassen in Deutschland für Kunden vergleichbar zu machen.

Kleine Banken nutzen Vormachtstellung aus

Die größten Abzocker unter den Banken in Deutschland sind die Kleinsten: Viele nutzen ihre Vormachtstellung in ländlichen Regionen aus und verlangen deutlich mehr als 13 Prozent Dispozins, wenn ein Kunde sein Konto überzieht.

Bis auf eine Bank sind es meist kleine Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen, die ihre Kunden so schröpfen. Unter den bundesweit tätigen Banken verlangt einzig die Targobank für drei Konten einen Dispozins von mehr als 13 Prozent.

Die Kritik ist den Instituten offenbar egal: Die Gewinne, die sie mit überhöhten Dispozinsen machen, sind einfach zu lukrativ. Weder die Ausfallquoten noch die niedrigen Marktzinsen rechtfertigen hohe Zinsen. Der Zinssatz sollte zurzeit klar unter 10 Prozent liegen.

Testkunden helfen bei Auskunftsverweigerern

Noch heftiger langen Banken zu, wenn der Kunde auch noch den Rahmen für den Dispokredit überzieht. Die Volksbank Feldatal nimmt dann zum Beispiel 22,5 Prozent. Das ist mehr als unverschämt.

Die Konditionen von 519 Banken, die ihre Dispozinsen nicht nennen wollten, konnten die Tester im Internet recherchieren. In die Filialen der übrigen 606 Auskunftsverweigerer schickten sie Testkunden.

Bei 87 Banken fanden diese Kunden weder in der Filiale noch im Schaufenster einen Preisaushang mit den Konditionen für die Überziehung des Girokontos. Wer keinen Preisaushang hat, verstößt gegen die Preisangabenverordnung.

Absurde Ausreden der Mitarbeiter

Durch intensives Nachfragen in der Filiale erfuhren die Testkunden doch noch die Zinssätze von 61 Banken.

Am Ende blieben 26 Auskunftsverweigerer, deren Konditionen Finanztest nicht ermitteln konnte. Die Begründungen der Bankmitarbeiter klangen oft absurd: Manche kannten angeblich die Höhe des Dispozinses nicht, andere sagten, sie kämen nicht ins System.

Das Verhalten der Institute steht im krassen Widerspruch zu den Ankündigungen der Bankenverbände vom Juni diesen Jahres. Danach sollten sämtliche Banken ihre Preise für die Überziehung des Girokontos inzwischen ins Internet gestellt haben. Zum Stichtag des Tests, am 1. Juli, fehlten Finanztest immer noch die Preise von einem Drittel der Sparkassen und von knapp zwei Drittel der Volks- und Raiffeisenbanken.

Geld ist so billig wie nie

Zurzeit können sich Banken so billig wie nie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen. Der Leitzins der EZB ist mit 0,5 Prozent historisch tief. Noch niedriger ist der Zinssatz für den 3-Monats-Euribor mit 0,22 Prozent, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen.

Anstatt die Zinsvorteile an ihre Kunden weiterzugeben, nehmen viele Banken lieber die höheren Gewinne mit, die ihnen durch den großen Abstand der Dispozinsen zu den Marktzinsen entstehen.

Doch nicht alle Banken schröpfen ihre Kunden, nicht alle fürchten die Transparenz. Ohne Umschweife nannten 413 Institute ihre Dispozinsen. Dazu gehörte der Testsieger unter den Direktbanken, die Deutsche Skatbank. Sie nimmt von allen Kunden nur einen Dispozins von 5,25 Prozent für ihr Onlinekonto.

Dispozins kann auch von Kreditwürdigkeit abhängen

Bei anderen Banken mit moderaten Dispozinsen von 8,5 Prozent und weniger wird der Zins von der Kreditwürdigkeit des Kunden abhängig gemacht. Oft richtet sich der Dispozins auch danach, welches Girokonto der Kunde gewählt hat, zum Beispiel ein Standard- oder ein Premiumkonto.

Weitere Informationen: Zeitschrift Finanztest 9/2013 und www.test.de/dispo

Finanztest-Tipps

Kredit: Nehmen Sie den Dispositionskredit für Ihr Girokonto nur im Notfall in Anspruch. Wenn Sie Ihr Girokonto für längere Zeit überziehen müssen, sollten Sie einen Abruf- oder Ratenkredit wählen. Die Zinsen für diese Kredite sind meist niedriger.

Überziehung: Achten Sie darauf, dass Sie nicht auch noch den Dispokredit überziehen. Sonst wird es richtig teuer. Oft kassieren Banken für die über den Dispo hinausgehende „geduldete Überziehung“ 3 bis 6 Prozentpunkte mehr als für den vereinbarten Dispo.

Wechsel: Sie können Ihr Girokonto jederzeit wechseln, wenn Sie sich über hohen Dispozins ärgern. Bei der Wahl eines neuen Geldinstituts sollten Sie nicht nur auf die Höhe des Dispozinses, sondern auch auf die Kosten für die Kontoführung achten.

Weitere wichtige Themen in der September-Ausgabe von Finanztest:

Tests und Reports: Dispozinsen beim Girokonto, Betriebsrente, Geldanlage, Geschäfte im Internet, gesetzliche Krankenkassen, Krankenversicherung für lange Auslandsreisen

Unter der Lupe: 360°-Rechtsschutz der Advocard, Tages- und Festgeld der FSS-Bank, Krankenversicherungs-App für Europa

Marktplatz: Empfehlenswerte Fonds, die besten Zinsen