Kennen Sie den Alltag in vielen mittleren und großen Unternehmen? Die Führungskraft präsentiert die neuesten Zahlen und Werte, die Mitarbeiter staunen.

Kennen Sie den Alltag in vielen mittleren und großen Unternehmen? Die Führungskraft präsentiert die neuesten Meinungsumfragen, Kundenzufriedenheitswerte oder Vertriebszahlen. Letztere gerne zweimal täglich. Und die Reaktionen der Mitarbeiter - wenn sie überhaupt noch reagieren: "Es wurden die falschen Kunden befragt, wir haben nicht die richtigen Produkte, es ist gerade nicht der Markt dafür ..."

Manchmal geschieht Ähnliches auch umgekehrt: Betriebsräte sorgen sich um die Mitarbeiter und befragen diese nach Arbeitszufriedenheit und gesundheitlichen Auswirkungen. 50 Prozent der Belegschaft antworten. Die Ergebnisse sind nicht gerade erfreulich. Und wie reagieren die Führungskräfte, wenn ihnen die ernüchternden Ergebnisse ihrer eigenen Führungsarbeit vorgelegt werden? "Die befragte Menge ist nicht repräsentativ, es wurden die falschen Mitarbeiter befragt, die gestiegene Zahl der Krankheitstage steht in keinem Zusammenhang zu Erfolgsdruck und Zielplanung." Da fragt man sich doch: Wer nimmt hier wen nicht mehr ernst? Und wie kann so überhaupt wirklich (wieder) Vertrauen untereinander entstehen?

Eine Studie des Bundesarbeitsministeriums vom Anfang des Jahres 2008 hat belegt: 30 Prozent des finanziellen Unternehmenserfolges hängen von der Zufriedenheit der Mitarbeiter ab. Das heißt: Beschäftigte sind keine austauschbaren Produktionsfaktoren - sie sind der Unternehmenserfolg. Mehr Beschleunigung und mehr Druck führen irgendwann nicht mehr zu höherer Leistung, sondern zu mehr Fehlern und Fehlzeiten.

Was hilft also? Aufmerksam und interessiert zuhören, gemeinsam realistisch planen und mit transparenter Führung dafür sorgen, dass Vertrauen und sich gegenseitig Ernst nehmen wieder möglich ist.

Ein Zurück in die alte und ach so unproduktive Welt? Ja, denn nicht alles Alte ist zwangsläufig schlecht. Und vielleicht kann das Zurückgreifen auf alte Weisheiten und den gesunden Menschenverstand auch so manches verschobene Weltbild wieder etwas zurechtrücken.

Gabriele Golling ist als Expertin für Nachwuchsführungskräfte und Coach tätig. ( www.gabriele-golling.de)