Alljährlich kürt eine unabhängige Jury das Unwort des Jahres. 2009 ist es der Begriff “betriebsratsverseucht“, der für den Umgang mit Arbeitnehmerrechten steht.

Alljährlich kürt eine unabhängige Jury das Unwort des Jahres. 2009 ist es der Begriff "betriebsratsverseucht", der für den rauen Umgang mit Arbeitnehmerrechten steht. Auch "Minderleister", "Betriebsverschlankung" oder "Mitarbeiterfreisetzung" sind Wörter, die je nach Perspektive, politischer Position und persönlicher Erregbarkeit Brechreiz auslösen können.

Was meinen Blutdruck jedoch noch viel mehr in die Höhe treibt, ist das Wort "Steuererklärung". In diesen 15 Buchstaben verbirgt sich das ganze Elend dieser Gesellschaft. Ein an sich simpler Vorgang wird mit unzähligen Gesetzen zu einem bürokratischen Monstrum aufgebläht. Das Perfide daran: Die Sachbearbeiter in den Finanzämtern ertrinken in der Flut von Formularen und Gesetzesnovellen. Aber immerhin werden sie für diese masochistische Arbeit gut bezahlt. Während unsereiner sich ein ganzes Wochenende mit dem Ausfüllen sinnloser Formulare versaut.

Dieser Staat vernichtet systematisch Arbeitszeit, Freizeit, die Steuermoral und die gute Laune derjenigen, die ihn finanzieren. Und nachdem der Steuerzahler sich dann der Pein einer Steuererklärung unterzogen hat, ist am Ende auch noch jeder dritte Steuerbescheid falsch, wie der Bund der Steuerzahler schätzt. Das Problem: Wer soll das denn bitteschön feststellen, wenn ihm die Post in kryptischem Beamtendeutsch ins Haus flattert? Die meisten Bürger akzeptieren daher stillschweigend, was von Amtswegen festgesetzt wird.

Das komplizierte deutsche Steuerrecht und die dafür etablierte Bürokratie sind die größten Bremsklötze bei der Entwicklung des Standortes Deutschland. Und wohin unsere Gesellschaft tendiert, zeigt die Entwicklung des Arbeitseinkommens der 100 gängigsten Berufe in den Jahren von 1990 bis 2008. Verwaltungsfachleute im höheren Dienst rückten im Vergleichszeitraum von Platz 10 auf Platz 2 vor und reihten sich hinter den Ärzten ein. Welch ein tristes Signal für dieses Land: Nicht der risikobereite, arbeitsplatzschaffende Selbstständige, sondern der aktenfressende Bürokrat ist erfolgreich.