Wenn die Wirtschaft ins Stottern gerät, reagieren viele Unternehmen reflexartig und senken die Marketing- und Werbeausgaben. So auch in der aktuellen Krise.

Laut Zentralverband der Werbewirtschaft liegen die Budgets derzeit auf dem Niveau von 1997. Kein Wunder, denn die Maßnahme bereitet, zumindest für den Moment, keine Schmerzen. Im Gegenteil, sie stützt das Betriebsergebnis sofort. Die Frage ist nur: Wie geht es jetzt nach der akuten Krisenreaktion strategisch weiter? Sollte zurückhaltend oder mit Vorwärtsdrang im Marketing agiert werden? Fest steht: Wer zu viel einspart, gefährdet sein Geschäft von morgen. Schließlich ist Marketing eine Investition und kein Kostenfaktor. Wer dem Trend seiner Branche folgt, erreicht im Guten wie im Schlechten nichts. Aber gibt es zu dieser hasenfüßigen Vorgehensweise eine Alternative?

Theoretisch schon. Sie hört auf den Namen "Antizyklisches Marketing" und fußt auf einer einfachen Idee: Wenn alle ihre Werbeausgaben senken, müsste doch derjenige Boden gut machen, der seine Ausgaben steigert. Man beachte den Konjunktiv. Denn es fehlt der Beweis. Die Marketingwissenschaft hat um dieses wichtige Thema einen großen Bogen gemacht. Einzig eine ältere, aber verdienstvolle Studie der Boston Consulting Group ("Gegen den Strom"), gibt Hinweise darauf, dass diese Theorie stimmen könnte. Die Analyse einiger Branchenkrisen ergab, dass diese Strategie tatsächlich zu signifikanten Marktanteilsgewinnen führen kann. Gefunden wurde dieser Zusammenhang unter anderem für die Automobilindustrie (1993), für frei verkäufliche Arzneimittel (1998), Versicherungen (1999) und Süßwaren (2001). Einziger Ausreißer: der Textilhandel. Antizyklisches Verhalten blieb in der Modebranche ohne positiven Effekt.

Aber aus diesen Ergebnissen lässt sich eben keine sichere, generelle Empfehlung ableiten. So muss jedes Unternehmen für sich prüfen und entscheiden, ob es die Konkurrenz mit einem erhöhten Marketingaufwand ärgern will. Garantien gibt es keine. Aber der Erfolg war schon immer ein Freund der Mutigen.

Christoph Berdi ist Chefredakteur der Zeitschrift "Absatzwirtschaft".