Quälen Sie sich abends auch durch das Schaulaufen der politischen Spitzenkandidaten in diversen Talkrunden? Wobei das mit dem Begriff der Spitzenkandidaten sehr relativ ist.

Aber Deutschland, das Land, in dem der "Faust" verfasst und die "Brandenburgischen Konzerte" komponiert wurden, hat ja auch Superstars wie Daniel Küblböck hervorgebracht. Vielleicht wäre dessen Mentor Dieter Bohlen als Talkmaster einer politischen Elefantenrunde eine echte Bereicherung - doch das nur am Rande.

Denn es geht nicht um Superstars, es geht ums Mittelmaß. Das alles lähmende, quälend umhereiernde Mittelmaß. So wie Joachim Löws Auswahlelf an einem schlechten Tag. Oder wie die Große Koalition. Oder die deutsche Wirtschaft.

Wieso? Wir sind doch Europas stärkste Wirtschaftsmacht, werden Sie vielleicht denken. Schon, aber wir zehren immer noch von gestern. Wir rutschen ab ins Mittelmaß. Das belegt der Innovationsindikator des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Deutschland lag 2008 auf Rang acht unter 17 führenden Industrienationen - die Schweden und Schweizer sind uns in puncto Innovationsfreudigkeit weit voraus.

Schlimmer noch: Wir haben zwar gute Ideen, aber vermarkten sie nicht. Telefax, Computer, elektronischer Uhrenantrieb, CD, MP3-Standard - alles deutsche Erfindungen, deren Erfolgsgeschichte dann in Fernost und in den USA geschrieben wurde.

Wer sich die politischen Debatten hierzulande anschaut, ahnt, dass der Hawaiianer Eric T. Hansen recht hat, wenn er in seinem Buch "Planet Germany" fasziniert beobachtet, dass Deutsche unvergleichlich gut darin seien, Fehler zu finden und Vorhaben auseinanderzupflücken. "Die Deutschen glauben tief im Herzen, Nörgeln sei ein Zeichen überlegener Intelligenz", schreibt Hansen. Mit dieser Einstellung bleibt uns dauerhaft der Einzug in die Champions League verwehrt.

Doch wen wundert das, wenn kreatives Potenzial im Mahlwerk von Bürokratie, Hierarchie und Sparzwängen zerrieben wird? Denn in diesen Bereichen sind wir mit Sicherheit Weltmeister.