Haben Sie schon einmal einen Mitarbeiter eingestellt, der Entwicklungshelfer in Nigeria, Redakteur beim Rundfunk und Kreditsachbearbeiter in einer Bank war? Trauen wir uns an solche Alleskönner heran? Viele Arbeitgeber machen einen Bogen um diese Bewerber - nicht bindungsfähig, nicht mehr formbar. So lauten die Bedenken. Zu Recht? Sicher ist es ein Wert, sich für eine Ausbildung entschieden und konsequent in diesem Beruf gearbeitet zu haben. Man versteht sein Fach, hat die Entwicklungen miterlebt und Erfahrungen erworben, man kennt die Branche, die Kunden, die Konkurrenz, und vor allem: Man ist berechenbar. Das ist ohne Zweifel ein Wert.

Aber: Muss ein Mitarbeiter unbedingt die gesamte Entwicklung miterlebt haben? Kann er die Eigenarten der Branche nicht kurzfristig erlernen? In den Unternehmen sitzen heute oft Mitarbeiter, die einen Job machen, den sie nicht klassisch erlernt, sondern sich angeeignet haben - durch interne Weiterbildung, aus Interesse oder einfach durch Ausprobieren. Sind das schlechtere Mitarbeiter? Gewiss nicht. Solche Mitarbeiter kommen aus anderen Branchen, waren in anderen Berufen, vielleicht im Ausland tätig. Diese Mitarbeiter bringen einen weiten Erfahrungshorizont mit, der ebenfalls von Wert ist - für den Arbeitnehmer, aber auch für den Arbeitgeber, der von ihren besonderen Erfahrungen profitiert.

Trotzdem schrecken Arbeitgeber häufig vor Seiteneinsteigern zurück. Sie sind ihnen zu unberechenbar und möglicherweise morgen wieder weg. Vielleicht fürchten die Arbeitgeber sogar den breiten Horizont, den diese Mitarbeiter mitbringen, der vielleicht breiter ist als ihr eigener. Sie können über ihren Tellerrand schauen, was nicht immer erwünscht ist.

Sind diese Mitarbeiter ein Risiko? Ich glaube das nicht. Generalisten sind erfahren und vielseitig einsetzbar. Flexible Mitarbeiter sind ein hohes Gut, und sie werden zukünftig immer wichtiger. Darum: Mehr Mut, mehr Toleranz, mehr Aufgeschlossenheit! Kein Arbeitgeber sollte auf Generalisten verzichten. Und kein Arbeitnehmer sollte sich den Schneid abkaufen lassen, einer zu sein!

Dr. Volker Bahnsen (45) ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Hamburger Kanzlei Wiegel, Ihde, Ekrutt & Partner.