Unternehmen haben einen Hang zum Norddeutschen. Auch in Bayern. Ach was, überall in der Welt! Sie werden nämlich immer flacher.

Das ist das Ergebnis von Veränderungen in der Organisation, die in den 1990er-Jahren mit den Begriffen "Lean Management" und "Business Process Reengineering" daherkamen. Klingt nach abgewetzten Beraterfloskeln? Mag sein, doch im Kern stecken darin gute Ideen. Schließlich sollten Hierarchiegebirge in Unternehmen eingeebnet und flache Strukturen geschaffen werden. Mitarbeiter erhielten fortan mehr Eigenverantwortung und eine deutlich abgespeckte Kaskade von Vorgesetzten. Dadurch sollte die Wertschöpfungskette effizienter aufgestellt und Verschwendung von Ressourcen eingedämmt werden.

Tolles Konzept! Jedenfalls in der Theorie. In der Praxis sieht das allerdings oft anders aus.

- Immer mehr Leute sind einer einzigen Person unterstellt; dabei gilt die persönliche Führung von mehr als zehn Mitarbeitern bei Fachleuten als problematisch.

- Jeder ist für seinen Bereich verantwortlich - und niemand weiß genau, wer was genau macht.

- Parallele Projektverantwortlichkeiten stehen in Konkurrenz miteinander oder mit Aufgaben in der Abteilung - und wieder weiß niemand so genau, wer was macht und wer eigentlich das Sagen hat.

- Unklare Stellvertreter- und Nachfolgeregelungen sorgen für fröhliches Chaos in der Organisation und sind ein steter Quell der Demotivation von Mitarbeitern.

Erkennen Sie Ihr Unternehmen wieder in dieser eindrucksvollen Erfolgsbilanz flacher Strukturen? Keine Sorge, ich plädiere nicht für eine aufgeblähte Hierarchie der Unfähigen. Aber eine Welt, in der sich Unternehmen ständig neuen Herausforderungen stellen müssen und die eine hohe Handlungs- und Innovationsbereitschaft erfordert, braucht klare Führung auf allen Ebenen.

Täusche ich mich oder reagieren viele Unternehmen auf die permanenten Veränderungen neuer Märkte und Technik mit organisatorischem Chaos? Wir restrukturieren uns kaputt. Schlank und unorganisiert ist wohl doch etwas anderes als straff und strukturiert. Menschen brauchen die Sicherheit, die klare Organigramme mit sich bringen. Sie müssen wissen, wer welche Kompetenzen und Aufgaben hat. Nur wenn diese Verantwortlichkeiten geklärt sind, ist erfolgreiches gemeinsames Handeln für ein Ziel möglich.