Business mit Stil: Wenn der Kollege private Probleme hat, fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden

"Heikle Themen, wie es private Probleme sind, etwa eine Trennung oder Krankheit, oder auch politische Themen sollte man erst einmal aus dem Arbeitsleben raushalten", rät Dierk Rommel, Kommunikationstrainer und Businesscoach aus Hamburg. Allerdings gesteht er auch zu: "Wer etwas über sich selbst kundgibt, macht sich durchaus sympathisch und wirkt zugänglicher." Vermeintliche Schwächen, wie zum Beispiel von seiner Scheidung zu erzählen, können sich also durchaus in Pluspunkte verwandeln. "Weil man möglicherweise Hilfsangebote erhält oder einfach weil man erleichtert ist, kein Versteckspiel treiben zu müssen."

Sein Bauchgefühl könne dem Betroffenen verraten, wem er einen Einblick in sein Privatleben gewähren kann, sagt Rommel. "Je enger der Umgang ist, man zum Beispiel gemeinsam Mittagspause macht, desto weniger lassen sich private Themen aus den Unterhaltungen heraushalten." Unterm Strich auch nicht schlimm, wenn man einzuschätzen weiß, bei wem wie viel Privates gut aufgehoben ist.

Wer als Kollege merkt, mit dem anderen stimmt etwas nicht, sollte ihn ruhig fragen, was los ist, findet Sven Sander, Trainer und Coach aus Cuxhaven, der sich auf die Themen Kommunikation und Wirksamkeit spezialisiert hat. Natürlich nur, wer ehrlich interessiert ist. Wer tratschen oder einfach seine Neugier befriedigen will, hält besser den Mund. "Ein gut funktionierendes Team, eines mit einem gemeinsamen Ziel, wird den betroffenen Mitarbeiter auffangen", sagt Sander. "Wenn ein Team nicht funktioniert, wird es denjenigen zerhacken."

Auch Führungskräfte sollten nicht stumm bleiben, wenn ein Mitarbeiter Probleme im Privatleben hat, den Tod eines Angehörigen verkraften muss oder an einer Krankheit leidet. Allerdings: "Viele nehmen es gar nicht wahr, wenn etwas nicht stimmt", sagt Sven Sander. Darüber hinaus würden die wenigsten Führungskräfte gern Feedback geben. Umso schwieriger für sie, wenn es dann auch noch um etwas Privates geht. "Wir sind es nicht gewohnt über Gefühle zu sprechen, darin besteht die Hemmschwelle", erklärt der Kommunikationstrainer.

"Dennoch sollten Vorgesetzte ihr Mitgefühl ausdrücken und das Gespräch anbieten", sagt Sander. "Dann aber dem Betroffenen Zeit geben und die Situation lediglich beobachten." Nur wenn sich das Problem auf die Arbeit des Beschäftigten auswirkt, müsse der Chef auf weitere Gespräche dringen. "Wenn der Mitarbeiter nur ein bisschen zurückgezogen ist, es aber sonst keine Folgen hat, muss man auch nichts ansprechen", sagt Sven Sander.

Wer mit einem Kollegen oder einem Mitarbeiter über ein heikles Thema zu reden versucht, greift zu "Türöffnern": "Schaffst du es? Wie fühlst du dich?" Solche Fragen machen es möglich, dass sich der andere öffnet, erklärt Coach Dierk Rommel. Und dann sollte der andere einfach nur "aktiv zuhören". Dazu gehört: eine zugewandte, offene Körperhaltung, das Gehörte hin und wieder sinngemäß zusammenfassen, gesprächsunterstützende Signale senden (Kopfnicken, "Hm"). "Dabei sollte es bleiben", sagt Rommel. "Treten Sie nicht in einen stammtischartigen Dialog, erzählen Sie nicht von eigenen Erfahrungen, geben Sie keine gut gemeinten Ratschläge." Die Gefahr, damit falsch anzukommen, sei zu groß. Gleiches gilt, wenn Kollegen versucht sind, dem Betroffenen Arbeit abzunehmen, ihn zu schonen. Rommel: "Es ist die Frage, ob derjenige diese Art von Mitleid überhaupt will."

Für eine gute Idee indes hält es Sven Sander, wenn derjenige, der privat sehr belastet ist, von sich aus ein paar klare Worte an seine Kollegen richtet und offensiv mit seinem Problem umgeht. Zum Beispiel so: "Ihr wisst Bescheid, mir geht es nicht gut. Ich danke euch allen für die Anteilnahme. Die Arbeit hilft mir aber, mich abzulenken."

Doch es sind nicht nur die großen Dramen, die im Büro zu heiklen Themen werden. Jemanden auf seinen strengen Körpergeruch oder die ungepflegte Kleidung hinzuweisen, ist zum Beispiel auch kein Leichtes. "Vor allem ist es schwierig, den richtigen Zeitpunkt für die Kritik zu finden", sagt Kommunikationstrainer Sander. "Hast du kurz Zeit, bist du offen für ein Feedback?" sei darum ein guter Start.

"Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch - nach diesem Muster sollten Vorgesetzte jedes Problemgespräch aufbauen", sagt Dierk Rommel. Das heißt: sagen, was sie beobachtet haben, welche Folgen es für Kollegen und Arbeitsatmosphäre hat und schließlich formulieren, was vom Kritisierten künftig erwartet wird. Unter Kollegen funktioniert das ähnlich, wobei diese ihren "Wunsch" vorsichtiger formulieren müssen, da sie in der Regel ja nicht befugt sind, den anderen anzuweisen.

"Es kann sein, dass der Mitarbeiter sich beleidigt fühlt oder geschockt ist", sagt Sven Sander. Um das zu vermeiden, rät er dazu, Kritik als Zeichen der Anerkennung zu äußern. "Man muss vermitteln: Du als Person bist mir wichtig, ich möchte nicht, dass du bei anderen ein schlechtes Image bekommst."

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